Zyklus-Yoga: Lutealphase (Phase 4)
Bild: Xenia Bluhm für YogaEasy

Zyklus-Yoga: Lutealphase (Phase 4)

Von Hannah Pehlgrimm

In der Zeit vor der Menstruation richtet sich die Energie mehr und mehr nach innen – die Lutealphase lädt dazu ein, ordentlich Selfcare zu betreiben und innerlich aufzuräumen. Lerne, wie die Zeit der PMS-Beschwerden auch für dich eine Phase der Kreativität und Klarheit wird und welche Asanas dich dabei begleiten und unterstützen können.

Was ist die Lutealphase und wie lange dauert sie? 

Die Lutealphase beschreibt die Zeit ab kurz nach dem Eisprung bis zur Blutung. Sie dauert typischerweise zehn bis 14 Tage, etwa von Tag 15 bis Tag 28 im 28-Tage-Zyklus. Sie wird auch Gelbkörper- oder Sekretionsphase genannt. Im Bild der inneren Jahreszeiten entspricht diese Zeit dem „inneren Herbst“, der ein paar Tage nach dem Eisprung beginnt.

Was passiert in dieser Zyklusphase im Körper?

Nachdem der Eisprung erfolgt ist, wandert die Eizelle vom Eierstock in die Gebärmutter. Währenddessen entwickelt sich aus dem Follikelrest, der im Eierstock verblieben ist, der sogenannte Gelbkörper. Dieser produziert das Hormon Progesteron. Die Gebärmutterschleimhaut verdickt sich und wird ausgebaut, damit sie dann etwa eine Woche nach dem Eisprung auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vorbereitet ist. Der Muttermundschleim wird wieder zähflüssiger und weniger durchlässig. Kommt es nicht zu einer Einnistung, so entwickelt sich der Gelbkörper zurück, produziert kein Progesteron mehr und löst dadurch die Menstruationsblutung aus.

Wie verändern sich meine Hormone in der Lutealphase? 

Das Gehirn erkennt an dem steigenden Progesteronspiegel, dass kein weiteres FSH (follikelstimulierendes Hormon) mehr benötigt wird und drosselt die Ausschüttung – damit ist ein weiterer Eisprung in diesem Zyklus unmöglich und die Frau in dieser Zeit unfruchtbar. Das Progesteron wird im Verlauf dieser Zyklusphase zum dominanten Hormon und der Östrogenspiegel fällt zum Ende hin ab. Das feine Zusammenspiel dieser beiden Hormone sorgt für körperliches Wohlgefühl, ist deren Verhältnis jedoch unausgewogen (meist ist zu wenig Progesteron vorhanden), so können vielfältige prämenstruelle Beschwerden auftreten – von unreiner Haut, Wassereinlagerungen, Schmierblutungen bis zu depressiven Verstimmungen, Heißhunger und Reizbarkeit. Die Liste lässt sich noch um viele Symptome verlängern.


Zyklusyoga


Was passiert in dieser Zyklusphase auf energetischer Ebene?

Nach dem Energiehoch um die Zyklusmitte zieht sich die Kraft langsam nach innen zurück und es folgt eine Zeit der Einkehr und Rückkehr zu uns selbst. Viele Frauen fühlen sich wechselhaft, mal melancholisch oder müde, mal wütend, mal kreativ und ausdrucksstark. Für viele Frauen ist der „innere Herbst“ die emotional schwierigste Zeit, denn hier zeigen sich auch unbewusste Themen sehr deutlich. Zeit also, die Dinge ans Licht zu bringen und aufzuräumen! Wenn wir diesen Anteilen, die sonst eher im Schatten liegen, mit Annahme begegnen und als eine Chance für persönliche Entwicklung begreifen, kann diese Zeit sehr kraftvoll, klar und kreativ werden.


Hier spricht Hannah Pehlgrimm mit Kristin Rübesamen im YogaEasy-Podcast „Besser Leben mit Yoga“ über den weiblichen Zyklus, Menstruationsrituale, Endometriose, Verhütung und Tabus:


Welche Art von Yoga passt am besten in diese Zyklusphase? 

In der Lutealphase darf deine Praxis nach und nach immer sanfter werden, entsprechend deinem Bedürfnis nach Entspannung und Rückzug. Tiefe Atmung und fokussierende Asanas helfen dir, Klarheit und Ruhe zu finden. Dies ist keine Zeit für Übungen, die dich an deine körperlichen Grenzen bringen. Je nach deinem emotionalen Zustand können aber kraftvolle statische Haltungen hilfreich sein, wenn du viel Wut oder Reizbarkeit verspürst. Im „inneren Herbst“ geht es darum, deinen Weg zu finden, und das kannst du im Yoga wunderbar umsetzen. Passe deine Praxis immer wieder neu an deine Bedürfnisse an! Du bist wütend? Die Hara-Atmung (Ausatmen mit einem lauten "Haaaa") kann dir helfen, Ärger loszulassen. Du fühlst dich traurig? Die Schulterbrücke oder der herabschauende Hund stärken und zentrieren dich.

Nachfolgend findest du noch mehr Anregungen für diese Zeit, die auch körperliche PMS-Beschwerden lindern können.

Welche Yogaübungen helfen bei PMS?

Bei prämenstruellen Beschwerden wie Verspannungen im unteren Rücken, Bauchschmerzen und Völlegefühl sind lösende Übungen sehr wohltuend. Dazu gehören die Kobra und die Vorbeuge im Sitzen sowie der Drehsitz. Wenn diese Asanas zu fordernd sind, probiere den liegenden Schmetterling aus, um die Hüfte sanft zu öffnen.


Lesetipp: Hier findest du die zehn besten Übungen, um PMS mit Yoga zu lindern.


Drei Asanas für den Zyklusherbst 

Sitzender Winkel – Upavistha Konasana (zur Entgiftung, Durchblutung des Unterleibs, Öffnung der Hüfte)

  1. Beginne im Sitzen mit ausgestreckten Beinen und flexe die Füße. 
  2. Öffne die Beine in eine weite Grätsche und setze die Hände vor dir auf dem Boden auf Fingerspitzen auf.
  3. Rotiere beide Oberschenkel nach innen, sodass die Kniescheiben nach oben zeigen.
  4. Einatmend ziehe die Schultern nach hinten und senke den Blick auf den Bauchnabel. 
  5. Laufe einatmend mit den Händen weiter nach vorne. 
  6. Wenn du noch Spielraum hast, greife dann jeweils mit Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen die großen Zehen und senke dein Kinn auf den Boden.
  7. Halte für einige Atemzüge in dieser Position und gebe dich der Stellung hin. 

Hier zeigt dir Villas Turske, wie du den sitzenden Winkel übst:


Pflug – Halasana (zur Öffnung des unteren Rückens, Entspannung des Nackens, Massage der Bauchorgane, Entgiftung, Entspannung)

  1. Beginne in Rückenlage, deine Arme liegen neben dem Körper. 
  2. Hebe deine Beine an und komme in den Schulterstand, indem du dein Becken anhebst. Becken und Füße sind in einer geraden Achse über deinen Schultern. Unterstütze deinen Rücken, indem du deine Hände auf Höhe deiner 12. Rippe an den Rücken legst. 
  3. Senke mit der nächsten Ausatmung deine Beine langsam hinter deinem Kopf auf den Boden. Strecke die Beine, indem du die Kniescheiben aktivierst und die Fersen von dir wegdrückst. Die Zehen sind unter den Fersen, dein Hüftgelenk ist über den Schultern.
  4. Löse die Hände vom Rücken und verschränke deine Hände zum Venusmudra (Finger ineinander verschränkt, die Daumen kreuzen außen). Bleibe hier für einige tiefe Atemzüge.
  5. Um aus der Position wieder hinaus zu kommen, setze zunächst deine Hände wieder an deinen Rücken. Hebe ein Bein nach dem anderen an und rolle Wirbel für Wirbel zurück auf deine Matte. Führe die Bewegung kontrolliert aus, indem du deine Bauchmuskeln aktiviert hältst.

In diesem Tutorial zeigt dir Wanda Badwal, worauf du beim Pflug achten musst:

Yoga-Tutorial: Pflug – Halasana


Krokodil – Makarasana (zur Öffnung, Dehnung, Entlastung des unteren Rückens, Entgiftung, angstlösend)

  1. Beginne in Rückenlage mit ausgestreckten Beinen. Strecke deine Arme seitlich aus, die Handflächen zeigen zum Boden.
  2. Winkle dein rechtes Knie an und platziere deinen rechten Fuß an der Innenseite deines linken Oberschenkels. 
  3. Presse mit beiden Armen und Schultern in den Boden und behalte den Fuß am Oberschenkel.
  4. Rolle dann auf deine linke Beckenseite, indem du das rechte Knie nach links ziehst. Deine rechte Beckenseite hebt sich dabei. 
  5. Rolle dich nur so weit auf die linke Seite, wie deine rechte Schulter den Kontakt zum Boden behält.
  6. Hebe deinen Kopf leicht an und lege ihn nach rechts gedreht wieder ab. Knie und Kopf zeigen also in entgegengesetzte Richtungen.
  7. Bleibe in dieser Haltung für etwa 20 Sekunden.
  8. Hebe deinen Kopf dann wieder vorsichtig an und drehe ihn zur Mitte. Aktiviere deine Bauchmuskeln, um deinen Unterkörper ebenfalls zurückzudrehen. 
  9. Strecke das rechte Bein aus, spüre nach und übe dann die andere Seite.

Selfcare Day Yoga Retreat YogaEasy


Wie kann ich diese Phase positiv für mich nutzen? 

Im inneren Herbst ist besonders wichtig, mit der inneren Stimme in Kontakt zu sein: Spüren, was uns wirklich wichtig ist, was uns gut oder schlecht tut und was eventuell falsch läuft in unserem Leben. Nimm die Dinge ernst, die dir aufstoßen und schreibe dir auf, wie deine Gefühle dazu sind. Du kannst diese Themen im weiteren Verlauf deines Zyklus beobachten und wertvolle Hinweise bekommen, wie du dein Leben noch mehr so gestalten kannst, dass es dir wirklich gutgehen kann. 

Räume dir in der Lutealphase unbedingt genügend Pausen ein und auch etwas persönliche Freizeit. Die herbstliche Einkehr kann eine sehr kreative Zeit sein. Wie möchtest du dich ausdrücken, was hat dir früher an kreativen Dingen Spaß gemacht? Probiere es einfach mal wieder aus, nur für dich selbst, ohne großen Anspruch! Außerdem ist der innere Herbst perfekt geeignet, um auszusortieren – auch auf der materiellen Ebene.

Mit welchem Rezept kann ich meinen Körper jetzt unterstützen?

Je weiter du in Richtung Menstruation rückst, desto mehr sind nahrhafte und wärmende Speisen hilfreich, um Energielosigkeit und Heißhungerattacken entgegenzuwirken. Denke daran, was dir im „äußeren“ Herbst guttun würde – wärmende Suppen oder Eintöpfe, Selbstgebackenes, ein leckerer Grießbrei mit Zimt und Honig…

Je nachdem, welche Emotionen bei dir im Vordergrund stehen und wie viel Energie du übrig hast, kann es dich wunderbar unterstützen, neben deiner Yoga-Praxis auch frei nach Lust und Laune zu tanzen. Wenn du dich oft reizbar oder wütend fühlst, empfehle ich dir, deinen Körper gründlich „auszuschütteln“ (Hände, Arme, Füße und Beine nacheinander intensiv schütteln), das löst gestaute Energie. 


In dieser Kundalini-Yogastunde für alle führt dich Madhavi Guemoes durch eine Schüttelmeditation:

Schüttelmeditation Kundalini


Fazit: Fordernd – und klärend

Der innere Herbst ist eine Zeit der abnehmenden Energie, häufig die herausforderndste Phase im Zyklus. Wenn sich Emotionen klären und hormonelle Ungleichgewichte ausgeglichen werden, kann diese Zeit äußerst kraftvoll und kreativ sein. Im Yoga unterstützen dich lösende und entgiftende Asanas dabei. Generell hilft dir die an den Zyklus angepasste Yoga-Praxis immer achtsamer mit dir selbst umzugehen und genau zu spüren, wo deine Grenzen sind. Je mehr du lernst, diese anzunehmen und auch nach außen zu kommunizieren, desto angenehmer wird sich diese Zyklusphase anfühlen – versprochen!

Hannah Pehlgrimm: Period. Dein Zyklus. Menstruationsjournal.

 

 

 

Wenn du mehr über den weiblichen Zyklus erfahren möchtest, empfehlen wir dir Hannah Pehlgrimms Buch „Period. Dein Zyklus. – Facts, Selfcare-Tipps & Menstruationsjournal“ mit vielen Tipps für die vier „inneren Jahreszeiten“.

 

 

 

 

Hannah Pehlgrimm
Hannah Pehlgrimm

Hannah Pehlgrimm ist Heilpraktikerin, Autorin und Mutter von zwei Kindern. Sie schreibt und spricht zu Themen rund um die Ganzheitliche Frauenheilkunde, das Herzstück ihrer Arbeit ist die Zyklusgesundheit. In ihrem Buch „Period – Dein Zyklus“ erläutert sie die Zusammenhänge zwischen Zyklusbewusstsein und einem erfüllten Leben und gibt viele praktische Tipps aus der Naturheilkunde. Außerdem ist Hannah die medizinische Leitung bei FEMNA, einem Telemedizin-Unternehmen für Frauengesundheit.

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