
Tipps für die yogische Ernährung nach Patanjali
Es gibt tausende von Ernährungsphilosophien – die einen sollen schlank machen, andere gesund, muskulös oder faltenfrei. Die yogische Ernährung dagegen verfolgt drei Ziele: einen gesunden Körper, ein klaren Geist und gutes Karma. Denn körperliche Fitness, innere Ruhe und ein gutes Gewissen sind die optimale Ausgangslage für Yoga und Meditation.
Die Grundregeln der yogischen Ernährung lassen sich von einem der wichtigsten Yoga-Texte ableiten, dem Yoga Sutra von Patanjali. Der Yoga-Weise Patanjali beschreibt dort Verhaltensregeln sich selbst gegenüber (Niyamas) und Verhaltensregeln anderen gegenüber (Yamas). Wer sich mit den Niyamas und den Yamas beschäftigt, merkt schnell, dass es sich nicht um abgehobene philosophische Erläuterungen handelt, sondern um erstaunliche Erkenntnisse zum menschlichen Wesen, aus denen sich ganz praktische Empfehlungen für das alltägliche Leben ableiten lassen – etwa die Ernährung.
1. Das Niyama „Saucha“
Das Niyama „Saucha“ beschreibt das Prinzip der Reinheit – innerlich wie äußerlich. Die Ernährung spielt dabei eine essentielle Rolle.
Tipps für eine Ernährung, die Saucha unterstützt
- Am besten sollten alle von dir verwendeten Lebensmittel Bio-Qualität haben, denn sonst belastest du deinen Körper (und die Umwelt) unnötig mit Pestiziden & Co.
- Es ist unvermeidlich, Giftstoffe aus der Luft aufzunehmen, und auch dein Körper produziert etwa bei Stress Stoffe, die er möglichst schnell wieder loswerden sollte. Deshalb ist eine regelmäßige Entgiftung wichtig. So solltest du vor allem „sattvige“ Getränke wie stilles Wasser und Kräutertee trinken, denn das erleichtert deinem Körper die Ausleitung unerwünschter Substanzen.
- Dein Körper weiß ganz genau, was du brauchst und was dir gut tut. Wer vermeintlich gesundes Essen runterwürgt, tut sich nichts Gutes. Stelle deine Ernährung am besten langsam um und beobachte deinen Körper: Wie verträgt er einzelne Gemüsesorten? Schmeckt dir Karotte am besten roh, gedämpft oder gebacken? Isst du sehr schnell, kaust nicht gründlich, siehst du nebenbei TV? Grundregel: Wenn du nach dem Essen Bauchschmerzen und Verdauungsschwierigkeiten hast, war das, was du gegessen hast oder die Art, wie du es gegessen hast, nicht optimal.
- Das Prinzip der Reinheit findet sich übrigens auch in der yogischen Lehre wieder, dass alles auf der Welt eine der drei folgenden Eigenschaften (Gunas) hat: Sattva (Reinheit), Tamas (Trägheit ) und Rajas (Aktivität). Yogi:nis sollten solche Lebensmittel bevorzugen, die als „sattvig” (also rein) gelten. Dazu gehören alle frischen, natürlichen Lebensmittel: Obst, Gemüse, Getreide, Nüsse, Samen etc. sowie Milch. Wer sich dagegen von Fertiggerichten und Fast Food ernährt, nimmt eine Vielzahl an unnötigen und im schlimmsten Fall toxischen Stoffen auf – E-Stoffe, Konservierungsstoffe, Aromastoffe und so weiter.
Welche Lebensmittel du vermeiden solltest, wenn du Saucha fördern möchtest
Vermeiden solltest du Lebensmittel, die zu Tamas“ und „Rajas“ gehören: Tamas ist alles, was schwer und träge ist oder macht. Rajas dagegen aktiviert stark und verbreitet Unruhe.
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Tamasige Zutaten sind unter anderem Knoblauch und Pilze, weil sie schwer verdaubar sind. Aber auch Fisch und Fleisch, die zudem schnell verderben und dabei Giftstoffe entwickeln (s. Saucha). Deshalb gilt auch alles als tamasig, was nicht frisch zubereitet wird – also die Reste von gestern oder Tiefgekühltes, das wiederaufgetaut wird. Denn solche Nahrung enthält zum einen weniger Nährstoffe als frisch zubereitetes Essen. Zum anderen riskierst du, dass du Verdorbenes isst. Aber auch zu viel oder wenig Essen gilt als tamasig: Wer zu viel isst, wird faul, wer zu wenig isst, fühlt sich schwach.
- Rajasige Lebensmittel – etwa Alkohol, Kaffee, Zwiebeln – machen Körper und Geist unruhig. Wir leben sowieso schon in hektischen Zeiten – auf Nahrung, die noch mehr Aktivität fördert, solltest du also besser verzichten. Deshalb stehen auch raffinierter Zucker, Weißbrot und andere Kohlenhydrate, die den Blutzucker schnell in die Höhe treiben, auf der schwarzen Liste. Denn sie geben uns kurzfristig die Illusion, wir hätten grenzenlos Energie – weshalb wir uns total auspowern, woraus ein akuter Blutzuckerabfall und ein Energie-Tief resultiert.
Es gibt übrigens das Gerücht, dass Zwiebeln und Knoblauch nur deshalb als ungünstige Nahrungsmittel für Yogi:nis gelten, weil die Yogalehrenden sich unangenehme Ausdünstungen ersparen wollen... Falls du also auf deine:n Yogalehrer:in Rücksicht nehmen möchtest, den Geschmack von Knoblauch und Zwiebeln aber liebst, haben wir einen Tipp: Asafoetida (auch bekannt als Asant, Teufelsdreck und Hing) ist ein guter Ersatz.
2. Das Yama „Ahimsa“
„Ahimsa“ bedeutet Gewaltfreiheit. Alle Lebensmittel sollten also gewaltfrei produziert worden sein. Eine vegetarische oder vegane Ernährung ist für Yogi:nis somit ein logischer Schritt. Viele Yogi:nis verzichten nicht ganz auf Fleisch und Fisch, sondern essen nur selten tierische Produkte und die in Bio-Qualität. B.K.S. Iyengar schreibt: „Ob man vegetarisch isst oder nicht, ist eine persönliche Angelegenheit, die von unserer Tradition und den Gewohnheiten des Landes, in dem wir geboren und erzogen wurden, beeinflusst wird. Mit der Zeit aber muss der Yoga-Schüler eine vegetarische Diät annehmen, um zielgerichtete Aufmerksamkeit und geistige Entwicklung zu erlangen”. Eine vegetarische Ernährung ist zudem ein Schritt Richtung „Saucha” – denn wenn du dich vor allem pflanzlich ernährt, ersparst du deinem Körper die Antibiotika, Stresshormone und Umweltgifte, die sich in Fleisch und Fisch anreichern. Und eine vegane Ernährung reduziert die Gefahr, dass sich gefährliche Erreger über die Erzeugung und den Konsum von tierischen Produkten entwickeln und verbreiten.
Tipp: Hülsenfrüchte eignen sich perfekt, um tierische Produkte zu ersetzen, denn sie enthalten hochwertige Eiweiße. Vor allem Mungbohnen werden in der Hatha Yoga Pradipika empfohlen.
Auch die Produktion und Verarbeitung der Zutaten sollte für alle Beteiligten gewaltfrei ablaufen. Deshalb solltest du bevorzugt auf regionale, saisonale und fair produzierte Produkte zurückgreifen. Denn die schaden der Umwelt und deinen Mitmenschen nicht.
3. Das Yama "Asteya“
„Asteya“ bedeutet, kurz gesagt, dass du nicht stehlen sollst. Wie ist das in Bezug auf die yogische Ernährung zu verstehen?
Zum einen solltest du einen fairen Preis für deine Lebensmittel zahlen – die Produzenten sollten davon leben können. Auch das spricht wieder für Fair Trade-Lebensmittel und für die Bio-Milch von der Firma, die Milchproduzenten faire Preise zahlt.
Zum anderen stellt sich die Frage, ob du afrikanische und südamerikanische Früchte essen musst, die sich dadurch die Menschen in Afrika und Südamerika nicht mehr leisten können. Regionale Produkte sind also auch aus diesem Grund zu bevorzugen.
4. Das Yama „Aparigraha“
Das Prinzip „Aparigraha“ fordert, dass du nicht gierig sein und niemanden ausnutzen sollst. Auch hier bist du also mit Fair Trade-Produkten oder dem direkten Einkauf beim Erzeuger auf der sicheren Seite.
Aparigraha hält dich aber auch dazu an, alles in Maßen zu konsumieren. Denn wenn du zu viel isst oder dein Essen schnell in dich hineinschlingst, riskierst du nicht nur kurzfristig Verdauungsschwierigkeiten und langfristig Übergewicht, sondern sorgst auch dafür, dass andere nicht genug bekommen. In einer Welt, in der jeder zehnte Mensch unter Hunger leidet, wäre es sicher sinnvoll, sich die ein oder andere Schokotafel zu sparen und dafür monatlich ein paar Euro an Organisationen gegen den Hunger (wie das World Food Programme der UN) zu spenden.
Hier kommt auch das Thema Achtsamkeit zu tragen: Wenn du achtlos und nebenbei schnell einen Fast-Food-Burger in dich hineinstopfst, dann schadet das nicht nur dir und deiner Gesundheit, sondern du belastest auch die Umwelt und sorgst dafür, dass große Konglomerate mit schlechten Arbeitsbedingungen weiter bestehen. Wenn du stattdessen mit vollwertigen Bio-Lebensmitteln aus deiner Region eine leckere Mahlzeit vorbereitest und sie mit anderen zusammen in gemütlicher Runde einnimmst, dann tust du nicht nur was für die Bio-Bauern und -Bäuerinnen in deiner Gegend, ernährst dich gesund und unterstützt deine Verdauung, sondern machst deinen Alltag für dich und deine Lieben schöner. Das ist dann gelebtes Yoga in seiner schönsten Form...
Die wichtigsten yogischen Ernährungsregeln im Überblick
In der yogischen Ernährung werden Lebensmittel bevorzugt, die
- keine Giftstoffe enthalten,
- den Blutzuckerspiegel auf einem ausgeglichenen Pegel halten,
- Körper und Geist optimal mit Nährstoffen versorgen,
- leicht zu verdauen sind und
- fair und ohne negative Konsequenzen für alle Beteiligten und die Umwelt produziert wurden.