
Wie (Yin) Yoga auf deine Meridiane wirkt
Bereits seit Jahrtausenden existiert das Wissen über ein feinstoffliches Energiesystem im Körper. Im Yoga nennen wir diese unsichtbaren Energiekanäle „Nadis“, die chinesische Medizin bezeichnet sie als „Meridiane“. Die Energiekanäle leiten unsere Lebensenergie durch den gesamten Körper, ähnlich wie das Gefäßsystem unser Blut in jeden Winkel des Körpers transportiert. Das Netz der Meridiane durchzieht den gesamten Körper, versorgt alle Organe, Gewebe, Sinnesorgane und die Psyche mit Chi.
Diese Lebensenergie, auch „ursprüngliche Energie” genannt, ist die Lebenskraft in allem, was lebt, und die Grundlage aller Vitalität und Lebendigkeit. Im Yoga sprechen wir von „Prana“ und in der Traditionellen Chinesischen Medizin von „Chi“. Chi ernährt und wärmt die Organe und sorgt so für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Es stellt außerdem die Verbindung zwischen dem Inneren und dem Äußeren her: Die elektromagnetische Energie ist weit über die physische Form unseres Körpers in unserem Energiefeld – oder Aura – messbar. Die Stärke und der Fluss des Meridiansystems sind für das harmonische Gleichgewicht in Körper und Geist wesentlich.
Die 12 Hauptmeridiane und die 6 Organpaare
Die zwölf Hauptmeridiane sind je zur Hälfte in Yin und Yang unterteilt. Die Yin-Organe (Nieren, Leber, Herz, Milz und Lungen) speichern, transformieren und regulieren reine Energien. Die Yang-Organe haben mit unreinen Substanzen wie unverdauter Nahrung, Urin und Abfallstoffen zu tun. Diese sind Harn- und Gallenblase, Magen, Dünn- und Dickdarm. Jedes Yin-Organ mit dem entsprechenden Meridian steht unmittelbar in Beziehung mit einem Yang-Organ und seinem Meridian. Die Meridiane von Nieren und Blase, Leber und Gallenblase, Milz und Magen, Lunge und Dickdarm, Herz und Dünndarm sowie Herzbeutel und der Dreifach-Erwärmer, bilden jeweils ein Meridianpaar.
- Niere = Yin
- Blase = Yang
- Leber = Yin
- Gallenblase = Yang
- Milz = Yin
- Magen = Yang
- Lungen = Yin
- Dickdarm = Yang
- Herz = Yin
- Dünndarm = Yang
- Herzbeutel = Yin
- Dreifach-Erwärmer (außerordentliches Organ) = Yang
Es gibt zwei weitere Hauptmeridiane, die nicht mit einem bestimmten Organ verbunden sind. Sie verlaufen entlang des Rumpfs und kontrollieren die Yin- und Yang-Energie des gesamten Körpers. Das Lenker- oder Gouverneursgefäß wacht über die sechs Yang-Organe. Das Konzeptionsgefäß steht in direkter Verbindung mit den sechs Yin-Organen.
Jedes Organpaar hat physische, energetische und emotionale Qualitäten. Schwaches oder stagnierendes Chi wirkt sich also nicht nur auf die Funktion der Organe aus, sondern auch auf unsere mentale Gesundheit. Fünf Yin-Organe (Nieren, Leber, Milz, Lunge und Herz) werden mit den fünf grundlegenden Emotionen in Verbindung gebracht, die unmittelbar beeinflussen, wie wir die Welt erleben. Ist zum Beispiel das Chi der Leber aus dem Gleichgewicht, spüren wir oftmals Wut oder Neid, ist das Chi im Lungenmeridian schwach, neigen wir zu Traurigkeit und Kummer.
Wie können wir Energieblockaden vorbeugen oder auflösen?
Praktiken wie Chi Gong, Thai Chi und Yoga sowie Heilmethoden wie Akupunktur, Akupressur und Meridianmassagen können den Fluss des Chi in den elektromagnetischen Bahnen anregen und unterstützen. Sie können die Funktion der einzelnen Organe verbessern, energetische und emotionale Blockaden auflösen. Aber auch Pranayama und Meditation haben eine positive Wirkung auf den Energiefluss in den Meridianen. Im Yoga und in der Wissenschaft ist man sich einig, dass unser innerer Zustand direkt mit der Qualität unseres Energiekörpers zu tun hat.
Eine ausgewogene Yoga-Praxis spricht gleich verschiedene Aspekte der verschiedenen Praktiken an:
- Körperhaltungen (Asanas), um Muskulatur, Blutkreislauf und Meridiane anzuregen und zu stärken,
- bewusste Atmung, um das Nervensystem zu regulieren,
- und die Sammlung des Geists, um uns aus der Identifikation mit dem Selbst zu erlösen.
Die Wirkung von Yin Yoga auf die Meridiane
Yin Yoga ist eine wunderbare Praxis, um den Fluss von Chi in den Meridianen zu harmonisieren und gestörte Selbstheilungsprozesse wieder in Gang zu bringen. Die ganzheitliche Wirkung des Yin Yoga bringt den grobstofflichen, den energetischen und den mentalen Körper in Balance miteinander. Energetische und emotionale Blockaden werden gelöst. Yin Yoga verhilft uns so zu mehr Lebendigkeit, Vitalität und Gesundheit.
Besonders mit den lang gehaltenen Dehnungen können wir Druck und Zug auf die Meridiane ausüben und so den Energiefluss harmonisieren. Wenn die Muskeln entspannt sind, erreichen wir das Fasziengewebe, das jeden Muskel, jeden Knochen, jedes Organ und jeden Nerv umhüllt. Laut der Meridiantheorie enthält gerade das sehr feuchte Binde- oder Fasziengewebe ein hochsensibles Energieleitsystem. Yin Yoga wirkt also ein wenig wie eine Akupressur-Behandlung.
Je nach Verlauf der Meridiane wirken bestimmte Yin-Yoga-Haltungen verstärkt auf bestimmte Organsysteme. Wir können so einen Schwerpunkt in unserer Praxis setzen, da jedoch im Körper-Geist-System alles miteinander verbunden ist, findet immer eine ganzheitliche, harmonisierende Wirkung statt.
Wieso heißen Yoga-Übungen im Yin Yoga anders? Die Positionen im Yin Yoga sind aus den klassischen Yogapositionen abgeleitet. Da sie aber passiv und angepasst auf den jeweiligen Körper ausgeführt werden, tragen einige zur Unterscheidung andere Namen.
Wie viele Asanas gibt es im Yin Yoga? Bernie Clark beschreibt in seinem Buch „Das große Yin-Yoga-Buch” 24 verschiedene Positionen. Es gibt also im Yin Yoga viel weniger Asanas als im aktiven Yang Yoga, und jede Haltung wirkt auf mehrere Meridiane.
Unbedingt beachten: Du kannst jede der Asanas an deine persönlichen Bedürfnisse und an deinen Körper anpassen. Verwende dafür gern so viele Hilfsmittel, wie du brauchst. Polstere jedes Körperteil mit Kissen, Decken oder Blöcken, bis du dich in der Haltung komplett entspannen kannst. Auf den Bildern zeigen wir dir manchmal mehrere Varianten – sie sind aber immer nur Vorschläge, die du so verändern kannst, dass sie für dich passen.
1. Yin-Asanas für den Nieren- und Harnblasenmeridian
Verlauf: Der Nierenmeridian verläuft an den Innenseiten der Beine nach oben, tritt am Steißbein in den Rumpf ein, berührt Nieren und Blase und endet an der Wurzel der Zunge. Der Blasenmeridian beginnt an der Innenseite der Augen und verläuft über die Stirn ins Gehirn. Er geht dann weiter parallel der Wirbelsäule auf der gesamten Körperrückseite entlang der Rückseite der Beine und endet in den kleinen Zehen.
Asanas: Auf ihn wirken alle Haltungen, die die Innenseiten der Beine und die Vorder- oder Rückseite des Körpers öffnen.
Wenn das Lebensthema des Blasen-Meridians gut entwickelt ist, können wir mühelos zwischen Anspannung/Aktivität und Entspannung/Erholung wechseln. Wir sind belastbar, haben eine hohe Stresstoleranz und Resilienz, und können auch gut zur Ruhe kommen und regenerieren. Auf der emotionalen Ebene fällt es leicht, Gefühle zuzulassen. Wenn das Prinzip dieses Meridians gestört ist, tritt schnell ein Gefühl der Überforderung ein, die Frustrationstoleranz ist gering, das Nervenkostüm dünn und der Gemütszustand instabil. Möglichkeiten, den Blasen-Meridian im Alltag zu stärken, sind: sich immer wieder Pausen zu gönnen und das Nervensystem mit Techniken wie (Yin) Yoga und Meditation auszubalancieren, sowie Gefühle zuzulassen und auch ab und zu einmal zu weinen, um die Seele zu reinigen.
Ranja Weis, Yogalehrerin
1. Schmetterling
In diesem Artikel erfährst du alles über die klassische Hatha-Variante sowie die Yin-Yoga-Version von Baddha Konasana, dem Schmetterling.
2. Libelle
3. Sphinx
4. Raupe
5. Frosch
Das Lebensthema des Nieren-Meridians ist die Entfaltung des persönlichen Potentials. Es geht darum, die eigene Bestimmung zu leben, und zu der Person zu werden, die in einem steckt. Dafür sind vor allem Vertrauen, Mut und Willenskraft notwendig. Wenn das Prinzip des Nieren-Meridians gestört ist, überwiegen Angst, Unsicherheit und Selbstzweifel. Zwei Möglichkeiten, den Nieren-Meridian im Alltag zu stärken, sind: Dinge zu tun, die Mut erfordern, wie z.B. auf fremde Menschen zuzugehen, Klettern etc., und: Sich Auszeiten zu nehmen, um der eigenen Bestimmung auf den Grund zu gehen.
Ranja Weis
2. Yin-Asanas für den Leber- und Gallenblasenmeridian
Verlauf: Der Lebermeridian verläuft von den großen Zehen, entlang der Innenseite der Beine und tritt an den Leisten in den Rumpf ein und endet in den Augen. Der Gallenblasenmeridian beginnt am äußeren Augenwinkel und verläuft an den Seiten des Körpers entlang der Außenseiten der Hüften und der Außenseiten der Beine bis zum vierten Zeh.
Asanas: Auf diesen Meridian wirken alle Asanas, die eine Außenrotation der Hüften oder eine Öffnung der Körperseiten bewirken.
Das Lebensthema des Gallenblasen-Meridians ist, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Hierzu braucht es Entschlossenheit, Konsequenz und Eigenverantwortung. Ein schwaches Prinzip des Gallenblasen-Meridians wägt ewig ab, schiebt Entscheidungen gern auf, gibt zu viel Verantwortung ab und verhält sich unsicher und zögerlich. Aber auch das Gegenteil kann eintreten: man verhält sich überverantwortlich, mischt sich gern ein und reißt Dinge an sich bis zur Überlastung. Möglichkeiten, diesen Meridian im Alltag zu stärken, sind: Sich vorzunehmen, Entscheidungen innerhalb weniger Atemzüge zu treffen und dann nicht mehr in Frage zu stellen, und: wo es Sinn macht, Verantwortung abzugeben und Dinge zu delegieren, ansonsten aber die Verantwortung für sich selbst und das eigene Leben zu übernehmen.
Ranja Weis
1. Schnürsenkel
In diesem Video zeigt dir Tanja Seehofer, wie du den Schnürsenkel übst:
2. Nadelöhr
3. Kind
Hier zeigt dir Annika Isterling, wie du die Haltung des Kindes übst. Unterstütze dich hier gern mit Bolstern, Decken oder Blöcken:
4. Schwan
In diesem Artikel kannst du etwas über die Taube, die Hatha-Variante des Schwans, nachlesen.
5. Banane
Für Leber- und Gallenblasenmeridian kannst du ebenfalls die Libelle und den Schmetterling praktizieren.
3. Yin-Asanas für den Milz- und Magenmeridian
Verlauf: Der Milzmeridian beginnt an den großen Zehen und verläuft neben dem Leberkanal an den Innenseiten der Beine nach oben, tritt in den Leisten in den Körper ein und endet an der Wurzel der Zunge. Der Magenmeridian beginnt neben der Nase und verläuft durch das Zwerchfell nach unten, entlang der Vorderseite der Beine bis zum zweiten Zeh.
Asanas: Hier stimulieren Haltungen, die Druck und Zug auf die Innen- beziehungsweise die Vorderseite der Beine ausüben.
Das Lebensprinzip des Milz-Meridians steht für die Kraft der inneren Mitte. Mit einem starken Milzmeridian ruhen wir in uns selbst und bewahren ein stabiles Gleichgewicht in den Turbulenzen des Lebens. Wir haben stets Zugang zu einem inneren Ort des Friedens, der Beständigkeit, Gelassenheit und Geborgenheit. In der TCM ist die Milz eines der wichtigsten Organe und ein Überbegriff für den gesamten Verdauungstrakt: Wenn hier alles gut arbeitet, ist der Körper bestens versorgt. Die Milz steht für die Urmutter in unserem System und nährt nicht nur den Körper, sondern auch Geist und Seele. Wir können mütterlich für uns sorgen und uns selbst Liebe und Fürsorge schenken. Ein gut entwickelter Milzmeridian steht nicht nur für bedingungslose Selbstliebe, sondern auch für Selbstgenuss und für Fülle auf allen Ebenen. Es ist das Gefühl einer gemütlichen, warmen Wohnküche, die uns immer willkommen heißt, und in der wir gutes Essen genießen und ein geselliges Miteinander zelebrieren dürfen.
Der Magen-Meridian steht nicht nur dafür, dass wir uns physisch gut mit Nahrung versorgen können, sondern auch dafür, dass wir uns erwachsen und selbstverantwortlich mit Liebe, Aufmerksamkeit und Sinn ernähren. Oft versuchen wir den Hunger auf einer Ebene mit Fülle auf einer anderen Ebene zu kompensieren. Dann futtern wir vielleicht Unmengen an Schokolade, statt unserem Liebeskummer Raum zu geben oder unserer Sehnsucht nach Liebe nachzugehen. Oder wir wählen den Luxusurlaub statt der Sinnsuche. Wahrscheinlich brauchen wir alle immer mal wieder eine ehrliche Bestandsaufnahme mit der Frage: Was fehlt mir wirklich im Leben? Und wenn wir uns hier Klarheit verschafft haben, kann die Arbeit mit dem Magenmeridian helfen, die notwendigen Schritte einzuleiten und das zu manifestieren, was uns erfüllt.
Ranja Weis, Yogalehrerin
1. Sattel
In diesem Video zeigt dir Vilas Turske, wie du den Heldensitz, die Hatha-Variante, des Sattels übst. Im Yin Yoga darfst du dich mit einem Bolster, Blöcken, Decken oder anderen Hilfsmitteln so unterstützen, dass du ohne Anstrengung bequem in der Asana verharren kannst.
3. Drachen
Darüber hinaus kannst du für Milz- und Magenmeridian auch den Frosch, den Schwan, die Libelle oder Schmetterling (siehe oben) üben.
In diesem Tutorial führt René Hug dich durch den Drachen im Yin Yoga:
4. Yin-Asanas für den Herz- und Dünndarm sowie Lungen- und Dickdarmmeridian
Verlauf: Diese Meridiane verlaufen entlang Arme. Die Yin-Meridiane von Lungen und Herz beginnen an den jeweiligen Organen im Rumpf und verlaufen entlang der Innenseiten der Arme nach unten zum Daumen (Lungen) beziehungsweise zum kleinen Finger (Herz). Die komplementären Yang-Meridiane von Dünn- und Dickdarm verlaufen von den Fingern entlang der Außenseiten der Arme zu den zugeordneten Organen.
Asanas: Hier wirken alle Asanas, in denen wir eine Dehnung entlang der Arme und Schultern erreichen.
Wenn das Lebensthema des Herz-Meridians gut integriert ist, zeigt sich das in der Fähigkeit, mit Freude, Leidenschaft und Enthusiasmus zu handeln und sich immer wieder neu ins Leben zu verlieben. Wir fühlen uns inspiriert und haben Zugang zu unserer Schöpferkraft. Kein anderer Meridian kann uns so schnell mit Energie versorgen wie der Herz-Meridian: es fällt uns leicht zu lieben und mit Begeisterung durchs Leben zu gehen. Ein schwach entwickelter Herz-Meridian zeigt sich in einer depressiven Grundhaltung und Gefühlskälte. Möglichkeiten, den Herz-Meridian im Alltag zu stärken, sind: Die Lust am Spielen wiederzuentdecken und die schönen Seiten des Lebens zu zelebrieren, wie z.B. zu singen und zu tanzen (am besten gemeinsam).
Ranja Weis
1. Seehund
2. Langes Kind
3. Anahatasana (schmelzendes Herz)
Hier zeigt dir Tanja Seehofer, wie du Anahatasana übst:
4. Schnecke
5. Krokodil
In diesem Artikel erfährst du alles Wichtige über das Krokodil.
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