
Herbst – so lebst du im Einklang mit dieser Jahreszeit
Wenn die hellen, heißen Sommertage in kühle, kürzere Herbsttage übergehen, ist das wahrscheinlich die schönste Übergangszeit des Jahreskreises. Der Sommer – und damit der Höhepunkt der extrovertierten Yang-Phase – geht zu Ende und verwandelt sich im Herbst in ruhige Yin-Energie mit viel Raum für Reflektion und Regeneration.
Während wir heute die meiste Zeit in isolierten Häusern verbringen, umgeben von Bildschirmen, künstlichem Licht und ganzjährig verfügbaren Lebensmitteln, war früher die Beziehung der Menschen zur Natur enger. Je nach Jahreszeit mussten wir Menschen unseren Alltag ganz unterschiedlich gestalten. Und das war durchaus sinnvoll: Wenn wir saisonale Nahrungsmittel konsumieren, geben wir uns genau die Vitamine und Mineralstoffe, die wir in dieser Phase brauchen. Wenn wir uns erlauben, uns in den Yin-Phasen des Jahres auszuruhen, hilft uns das, im Frühling mit neuer Energie in die wärmeren Yang-Monate zu gehen.
Wenn du dich dafür interessierst, welche Yogaübungen, Lebensmittel und Aktivitäten dir im Herbst gut tun, laden wir dich ein diesen kleinen Herbst-Letifaden zu lesen und dich von ihm inspirieren zu lassen!
Die Yin-Energie verstärken
Während der Sommer von Aktivität und einem freieren Tagesablauf mit viel Zeit in der Natur geprägt war, lädt uns der Herbst ein, langsamer zu werden. Da die Yin-Energie in der Natur zunimmt, ist jetzt die Zeit, um zu überlegen, wie wir auch in unseren Alltag mehr Yin integrieren können. Anstatt neue Projekte zu planen, solltest du nun alles, woran du in den letzten Monaten gearbeitet hast, allmählich abschließen und lose Enden bei der Arbeit oder zu Hause zusammenzuführen.
Danach solltest du dir am besten nur eine Sache auswählen, auf die du im Herbst deine Aufmerksamkeit richten möchtest. Die überbordende Sommerenergie hat es möglich gemacht, an allen Fronten zu powern. Der Herbst ist nun die Zeit, unsere Aufmerksamkeit zu bündeln und sie auf das zu richten, was wirklich zählt. Vielleicht willst du dein Zuhause renovieren, einen Online-Kurs absolvieren oder eine regelmäßige Yoga-Praxis aufnehmen. Ayurveda, die Schwesterwissenschaft des Yoga, sagt, dass der Herbst vom Vata-Dosha regiert wird, das durch Kälte, Trockenheit, Unregelmäßigkeit und Leichtigkeit gekennzeichnet ist. Diese Qualitäten von Leichtigkeit und Unregelmäßigkeit bedeuten, dass wir uns zerstreut und ängstlich fühlen können, wenn unsere Aufmerksamkeit auf zu viele Dinge verteilt ist. Nimm dir also einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken, was dir im Moment wirklich wichtig ist, was in deinem Leben sein muss – und was nicht.
Bewegungspraktiken für den Herbst
Laut Dallas Hartwig, Autor von „The Four Season Solution”, ist der Herbst der Wendepunkt, an dem wir von einem expansiven, dopamingetriebenen, aktiven Sommer-Lebensstil zu einer anderen Lebensweise übergehen sollten:
„Wenn sich die Blätter verfärben und das kalte Wetter naht, werden wir ganz natürlich weniger Zeit im Freien verbringen und uns dadurch weniger bewegen. Unsere ganze Welt sollte sich in diesen Monaten buchstäblich und im übertragenen Sinne zusammenziehen, da wir mehr Zeit mit Ruhe und Zuhause verbringen.“
Trotz dieser Umstellung erinnert uns Dallas daran, dass es wichtig ist, nicht einfach die Zeit bis zum Frühjahr „abzusitzen”. Der Sommer ermutigt uns, uns viel im Freien zu bewegen – sei es beim Spazieren, Wandern, Radfahren oder Schwimmen. Im Herbst sollten wir unsere Bewegung variieren und längere, leichtere Workouts durch kürzere, intensivere Intervalleinheiten ersetzen. Das Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen Bewegung und Ruhe zu finden, indem du Kurse oder eine Yoga-Praxis wählst, die dir hilft, dich stark und energetisiert zu fühlen, während du dich gleichzeitig oft ausruhst, um sowohl das Nervensystem als auch das Immunsystem zu nähren.
Wunderbar geeignet für kürzer werdende Tage ist diese ChiYoga-Sonnengruß-Sequenz von Luna Schmidt für den Herbst:
Yoga-Posen für den Herbst
Wenn die Tage kürzer werden, ist an der Zeit, das Verdauungsfeuer – „Agni“, wie es im Ayurveda genannt wird – zu stärken und mehr erdende, beruhigende Posen in deine Yoga-Praxis einzubeziehen. Genauso wie es empfehlenwert ist, im Herbst ein wohltuendes Gleichgewicht zwischen Bewegung und Ruhe zu finden, sollten sich jetzt wärmende, anregende Asanas wie die Kriegerhaltungen, Navasana (Bootshaltung) und Drehhaltungen die Balance halten mit Asanas, die das Nervensystem tief entspannen, etwa Viparita Karani (Beine an der Wand) und Balasana (Kindhaltung).
Allgemein ist Yin Yoga besonders geeignet für diese Jahreszeit. Probiere es aus mit dieser herrlichen Yin-Praxis für den Herz-Meridian von Ranja Weis:
Pranayama für den Herbst
Der Herbst ist die Jahreszeit, um die Lungenenergie zu stärken. Neben den Yin-Praktiken und Meridian-Linien, die dieses Organ nähren, können wir auch durch unsere Atemweise die Lungen stärken. So oft wie möglich solltest du versuchen, nur durch die Nase und nicht durch den Mund zu atmen, da dies die erste Abwehrlinie deines Körpers gegen Krankheitserreger ist. Für eine anregende und wärmende Pranayama-Praxis probiere Kapalabhati – das Wunder bei verstopfter Nase wirken kann. Für mehr Ruhe wähle Nadi Shodhana (Wechselatmung) oder ein einfaches Sama Vritti, indem du für eine gleiche Anzahl von Sekunden ein- und ausatmest.
Mehr Licht und weniger Erwartungen
Wenn du unter saisonaler Depression (SAD) leidest, verbindest du den Herbst möglicherweise mit dunklen Nächten, trüben Tagen und schlechter Stimmung. Beim Übergang in diese neue Jahreszeit ist es deshalb sehr wichtig, dich möglichst viel dem Sonnenlicht auszusetzen. Wenn wir morgens nach draußen gehen und Sonnenlicht auf unsere Augen trifft, setzt das Gehirn Dopamin frei – ein Hormon, das nicht nur für Freude, sondern auch für Motivation und Antrieb verantwortlich ist. Studien zeigen, dass wir uns umso wahrscheinlicher niedergeschlagen und träge fühlen, je später wir zum ersten Mal Sonnenlicht abbekommen. Versuche, jeden Morgen zwischen 10 und 30 Minuten Sonnenlicht zu bekommen. Falls du die meiste Zeit drinnen verbringst oder verbringen musst, verwende eine Lichtbox mit mindestens 10.000 Lux Helligkeit, um deine Energie und Stimmung auszugleichen.
Und noch ein Tipp: Konzentriere dich nicht darauf, wie schlecht du dich („immer”) fühlst, wenn der Herbst kommt, sondern auf all die positiven Dinge dieser Jahreszeit – die schönen Farben der Natur, die Erntezeit und die Möglichkeit, dir mehr Ruhe zu gönnen, gemütlich Zeit mit deinen Liebsten zu verbringen und dich mit wohltuenden Praktiken aus Yoga und Ayurveda zu verwöhnen.
Die besten Nahrungsmittel für den Herbst
Der Herbst ist die Erntesaison, in der uns die Natur Wurzelgemüse, Blattgemüse wie Grünkohl und Spinat sowie vitaminreiche Lebensmittel wie Brokkoli, Rosenkohl und Kohl schenkt. Wenn du im Sommer viele Früchte und Kräuter gegessen hast, hast du deinem Körper den natürlichen Zucker gegeben, den er brauchte, um den ganzen Tag energiegeladen zu sein. Im Herbst ist es an der Zeit, saisonale und zuckerärmere Früchte wie Äpfel und Brombeeren zu genießen und Heilbeeren wie Holunderbeeren für immunstärkende Tonika zu verwenden.
Rezept für Holunderbeer-Tonikum
- Sammle 4 Handvoll Holunderbeeren (im frühen Herbst oft in Hecken zu finden).
- Füge 1 Zimtstange, 1 TL ganze Nelken und 1 EL getrockneten Thymian hinzu.
- Mit 1 Liter Wasser bedecken und 30 Minuten köcheln lassen.
- Abkühlen lassen, dann abseihen und 1 EL Honig hinzufügen.
- Nimm täglich 1 EL davon, um dein Immunsystem zu stärken, oder 2 EL, wenn du an einer Erkältung leidest.
Denke daran, dass der Herbst die Jahreszeit ist, in der die Vata-Energie von Kälte, Trockenheit, Leichtigkeit und Unregelmäßigkeit uns aus dem Gleichgewicht bringen kann. Daher profitieren wir davon Langsamkeit, Erdung, Wärme und Regelmäßigkeit in unserem Alltag zu bringen – und Öl! Konkret solltest du jetzt saisonale Lebensmittel wie Rote Bete, Kartoffeln, Kürbis, Lauch und Butternusskürbis bevorzugen, sie mit Ghee oder Kokosöl kochen und wärmende Gewürze wie Ingwer, Zimt, Nelke, schwarzen Pfeffer, Kreuzkümmel und Chili hinzufügen. Versuche auch, zu regelmäßigen Zeiten zu essen, anstatt unterwegs zu Snacks zu greifen.
Lese-Tipp: In unserem Artikel „Leckere Ayurveda-Rezepte für herbstliche Tage” verrät dir die bekannte englische Köchin Jasmine Hemsley ihre Lieblings-Gerichte für den Herbst!
Mehr Schlaf und weniger Party
Hoffentlich hast du im Sommer viele lustige Nächte unter den Sternen genossen, vielleicht beim Campen oder beim Feiern mit Freunden im Garten. Da die Sonne nun früher untergeht, ist es im Herbst an der Zeit, auch früher ins Bett zu gehen. Passe deinen Schlaf dem Licht-Dunkel-Zyklus an – wenn die Nächte kurz sind, fühlst du dich vielleicht mit weniger Schlaf gut. Wenn die Nächte jedoch länger und besonders dunkel sind, müssen wir sicherstellen, dass wir genug tiefen, erholsamen Schlaf bekommen, um uns bestmöglich zu fühlen.
Neben mehr Schlaf ist jetzt auch eine Zeit, sich von extrovertierten Partys und Treffen mit neuen Leuten zurückzuziehen und sich stattdessen darauf zu konzentrieren, die Verbindungen zu stärken, die wir bereits haben. Lade enge Freund:innen zu einem herbstlichen Abendessen ein, rufe deine Verwandten öfter an und plane gemütliche Abende mit der Familie.
Organe, die im Herbst deine Zuwendung brauchen
Im Herbst ist es besonders wichtig, sich um die Lungen und den Dickdarm zu kümmern, um eine gesunde Atmung, ein starkes Immunsystem und eine reibungslose Verdauung zu fördern. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird gesagt, dass die Lungen das Gefühl von Trauer halten, und wenn du das Gefühl hast, deine Emotionen in letzter Zeit zurückgehalten zu haben, erlaube dir, sie einfach zu fühlen. Vielleicht kannst du eine Meditation mit Fokus auf dein Herz machen und es fragen, was es dir sagen will. Lass alle Gefühle – ohne Wertung und ohne Geschichten zu spinnen – hoch kommen und freue dich, wenn dieser Prozess in befreiendem Weinen endet. Vielleicht willst du auch anfangen, ein Tagebuch zu führen, um festgefahrene Emotionen und Gedanken zu lösen. Manchmal bringen auch körperliche Praktiken wie eine Schüttelmeditation oder Faszien-Yoga festsitzende Gefühle zum Fließen.
Ich hoffe, diese Tipps haben dich inspiriert, im Einklang (und in Frieden) mit den herbstlichen Energien zu leben!