10 Fragen an Ranja Weis

Von Ranja Weis

Mit 25 Jahren erkrankte Ranja Weis schwer und landete auf ihrer Suche nach Heilung in Südamerika, wo sie Yoga kennen und lieben lernte. Nun unterrichtet sie seit mehr als 15 Jahren selbst mit Schwerpunkt Yin Yoga und Yoga Nidra – in den Patrick Broome Yogastudios in München, aber auch auf Retreats, Konferenzen und im Rahmen von Ausbildungen.

1. YogaEasy: Ranja, was ist Yoga für dich in 3 Worten?

Ranja Weis: Die Rückverbindung mit der Quelle. Sorry, das waren fünf Worte, aber das trifft es für mich am besten.

2. Wenn du einen Song aussuchen könntest, der jedes Mal gespielt wird, wenn du einen Raum betrittst, welcher wäre es?

„Colibri Dorado” von Puentes & Danit. Das erinnert mich daran, dass ich über das Schamanentum Südamerikas zum Yoga gekommen bin. Dort heilen die Schamanen mit Gesängen. Dieses Lied handelt von der Kraft des Colibris und überträgt für mich einen Zauber und eine Leichtigkeit, die uns hierzulande manchmal fehlt. Es tut gut, wenn wir uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass das Leben auch leicht und freudvoll sein darf, und dass wir in der Freude viel Inspiration finden und unserem wahren Wesen am nächsten sind. Das können wir sehr gut bei Kindern beobachten. Wenn Kinder von Herzen lachen, wirkt das oft so ansteckend, dass die kopflastigen Gespräche der Erwachsenen verstummen und alle Aufmerksamkeit bei den Kindern ist. In solchen Momenten werden wir an unsere wahre Bestimmung erinnert.

3. Was hast du direkt nach der ersten Yogastunde, die du besucht hast, über Yoga gedacht?

Tut weh – aber tut gut. 

4. Welche Tugend würdest du am liebsten besitzen?

Man kann sich jede Tugend mit Fokus und etwas Disziplin aneignen. Ich finde es interessanter zu fragen, welche Superkraft ich am liebsten besitzen würde: Ich würde gern mit meinen Händen jede Art von Krankheit heilen können. Vielleicht bin ich deshalb auf dem Yogaweg gelandet. Denn wenn wir uns an die Lebensregeln und Tugenden halten, die uns der Yogaweg empfiehlt, entwickeln wir irgendwann sogenannte „Siddhis”. Das sind Kräfte oder Fähigkeiten, die über das hinausgehen, was wir mit unserem Alltagsbewusstsein glauben vollbringen zu können. Jeder Mensch trägt diese Fähigkeiten in sich, unentdeckt und unentwickelt. Wenn wir uns alle darauf konzentrieren würden, diese Kräfte zu entwickeln und sie in den Dienst an anderen Menschen zu stellen, wäre diese Welt eine bessere Welt. 


Yin Yoga für die Meridiane – mit Ranja Weis


5. Warum hast du dich entschieden, Yoga auch zu unterrichten? Was ist das Besondere an deinem Unterricht?

Eigentlich haben das andere für mich entschieden. Ich hätte mich das damals gar nicht getraut. Ich hatte sehr wenig Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Ich hatte aber immer das Glück, auf Lehrer:innen zu treffen, die etwas besonderes in mir sahen und mich unterstützten. Mein damaliger Partner Patrick Broome hat mich manchmal regelrecht genötigt, in seinen Retreats Stunden zu geben. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken, so unsicher war ich. Aber ich habe mich überwunden, und war danach um eine wertvolle Erfahrung und ein paar Skills reicher. Patrick meinte damals, ich solle so viel unterrichten wie möglich, ab etwa 10.000 Stunden wäre der Unterricht gut. Ich muss sagen, er hatte nicht ganz unrecht. Anfangs trägt uns Lehrer:innen noch die Begeisterung. Etwas später erkennen wir, was wir alles (noch) nicht wissen. Dann braucht es Disziplin und Hingabe, um dranzubleiben. Irgendwann weißt und spürst du dann so einigermaßen gut, dass das was du tust, richtig und sinnvoll ist. Dann wird das Unterrichten leicht, freudvoll und geführt. 
Das Besondere an meinem Unterricht scheint wohl meine Stimme und meine liebevolle Art zu sein. Zumindest kam dieses Feedback ziemlich oft. Außenstehende können das meist besser einschätzen und in Worte fassen als man selbst.

6. Was weckt dein Prana: Smoothie oder Kaffee?

Definitiv ein grüner Smoothie, am besten mit frischen Wildkräutern. Allerdings liebe ich einen guten Cappuccino mit Hafermilch. Ich habe aber gemerkt, dass ich aufpassen muss: Kaffee ist schlicht und einfach eine Droge – man braucht stetig mehr, um den gleichen Effekt zu erzielen. Und er wirkt sich sehr ungünstig auf den Darm aus, dadurch dass das kalte Feuer des Kaffees das natürliche Verdauungsfeuer schwächt. Das merkt man spätestens dann, wenn man morgens ohne Kaffee keine Verdauung mehr hat. Dann sollte man eine Pause einlegen. Was auch wichtig ist zu wissen: Mit Kaffee reagieren wir leichter über, Trigger wirken drastischer und wir streiten uns schneller. In Beziehungen, in denen es ohnehin gerade etwas schwierig ist, macht es aus meiner Erfahrung Sinn, den Kaffee zu reduzieren. Ich trinke etwa einmal die Woche einen Kaffee, und den genieße ich dann in vollen Zügen.

7. Mit welchem Sofort-Trick begegnest du stressigen Situationen?

Indem ich versuche, sie zu vermeiden. Mal ehrlich: Wenn wir richtig gestresst sind, können wir zwar die Stress-Spitzen durch Atemtechniken und ähnliches etwas abmildern. Aber wenn wir nachhaltig aus dem inneren Stress rauskommen und das Nervensystem beruhigen wollen, brauchen wir vor allem Zeit und Ruhe. Deshalb ist es wichtig vorzusorgen und solche Situationen im Vorfeld zu vermeiden. Dazu braucht es Bewusstsein und Achtsamkeit, und vor allem eine klare Vision davon, wie unser Leben aussehen soll. Das lässt sich natürlich nicht von einem Tag auf den anderen verändern beziehungsweise manifestieren. Aber wenn wir jeden Tag nur ein bisschen Zeit in unser Traumleben investieren und gute Gewohnheiten etablieren, zahlt sich das langfristig aus. Der Stress in meinem Leben war einmal hoch, und mein Gesundheitszustand dementsprechend schlecht. Das hat sich grundlegend gewandelt, und dafür bin ich sehr dankbar. Allerdings hat es auch Zeit gebraucht, ein gewisses Maß an Disziplin und Mut, und die Bereitschaft, der inneren Stimme zuzuhören und ihr zu folgen. 


In dieser Episode des YogaEasy-Podcasts „Besser Leben mit Yoga“ spricht Ranja Weis über über ihre Liebe zu Yin Yoga und warum das Leben auch mal schwierig sein darf.


8. Wie ehrgeizig bist du? Leidest du unter den Ansprüchen, die du dir selbst stellst?

Ich mag Disziplin, das wurde mir als Steinbock in die Wiege gelegt. Ehrgeizig würde ich nicht sagen, denn ich mag das Wort „Geiz“ nicht. Ich liebe es großzügig zu sein und anderen etwas zu schenken. Umgekehrt fällt es mir schwerer, Dinge anzunehmen. Und manchmal auch, mich selbst so anzunehmen, wie ich bin. An solchen Tagen neige ich dazu, mir zu viel abzuverlangen. Oft merke ich das dann aber mittlerweile recht schnell. Dann lasse ich alles liegen und tue etwas, wovon ich weiß, dass es mir gut tut und mich nährt, beispielsweise ein Spaziergang im Wald. Ich lerne immer besser, liebevoll mit mir umzugehen. 

9. Wenn du eine Superpower auswählen dürftest, welche wäre es?

Siehe Frage 4.!

10. Was kann Yoga – und was kann Yoga nicht?

Letztendlich hängt alles von uns selbst ab. Wir können viele Wege nutzen, um uns zu entfalten und die beste Version von uns selbst zu werden. Und das meine ich nicht im Sinne dieser für mich eher ungesunden Form von Selbstoptimierung, die den Menschen als Maschine sieht, die per Bio-hacking-App richtig eingestellt werden muss. Ich denke, das Wichtigste ist, dass wir wieder mit unserer Zartheit in Kontakt kommen. Erst dann können wir die leise Stimme unseres Herzens hören, die uns den richtigen Weg weist. Dafür eignet sich Yin Yoga gut. Gleichzeitig sollten wir eine Form von ruhiger Kraft entwickeln, die uns nicht hart und gefühllos macht. Dafür eignet sich Hatha (Vinyasa) Yoga. Denn um einigermaßen sicher durch dieses doch immer wieder herausfordernde Leben zu wandeln brauchen wir beides: Kraft und Weichheit. Dann können wir uns auch mal durchsetzen und mutig unserer eigenen Bestimmung folgen, und uns gleichzeitig berühren lassen vom Zauber und der Schönheit des Augenblicks. 

Ranja Weis
Ranja Weis

Ranja unterrichtet seit 15 Jahren Yoga, seit einigen Jahren mit dem Schwerpunkt Yin Yoga und Yoga Nidra. Seit sie Mama geworden ist, ist auch Yoga in der Schwangerschaft mehr in ihren Fokus gerückt. Sie hat zusammen mit Patrick Broome das Yogastudio City in München gegründet und unterrichtet dort reguläre Klassen sowie in Ausbildungen, Retreats und auf Konferenzen.