Krebs: Wie Yoga dich unterstützen kann

Von Tina Scheid

Rückblende. Kurz vor meiner OP liege ich im Warteraum vor dem Operationssaal, mein Körper angespannt, meine Gedanken um Sterben und Tod kreisend. Dann aber kommt mir die 4-7-8-Atemübung in den Sinn, die ich von meinem Lehrer Max Strom gelernt habe. Ich atme auf 4 Zähler ein, halte für 7 Zähler und atme dann auf 8 Zähler aus. Einatmen. Halten. Ausatmen. Noch einmal. Langsam merke ich, wie ich mich körperlich, emotional und mental entspanne. Und plötzlich bin ich perfekt auf die OP vorbereitet.


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Wenn du lernen möchtest, wie du Yoga als zusätzliche Therapie einsetzt, um die Lebensqualität von Krebspatient:innen zu verbessern, dann besuche meine neue on-demand Fortbildung „Yoga & Krebs“ in der YogaEasy Academy. In dieser Fortbildung zeige ich dir, wie du Tools und Techniken aus den Bereichen Yoga, Breathwork, Psychoonkologie, Philosophie, Meditation und Journaling praxisnah in die Arbeit mit Krebspatient:innen integrieren kannst.

Fortbildung: Yoga und Krebs – mit Tina Scheid


Yoga und Krebs: Aktuelle Forschung und Leitlinien 

Seither steht für mich fest: Eine regelmäßige Yoga- und Atempraxis hilft dabei, den Herausforderungen des Lebens mutig, ehrlich und im besten Fall mit ruhigem Geist zu begegnen. Sogar einer (Brust-)Krebsdiagnose, wie ich sie im April 2017 bekam.

Und nicht nur ich bin von der positiven Wirkung von Yoga als begleitende und unterstützende Methode bei Krebs überzeugt. Yoga wurde im November 2021 in die S3-Leitlinie „Komplementärmedizin für onkologische Patient:innen“ aufgenommen. Klarer hätte man den therapeutischen Stellenwert des Yoga bei Krebserkrankungen nicht unterstreichen können. Denn diese Leitlinie dient dem medizinischen Fachpersonal als wissenschaftlich fundierte Quelle, welche Begleittherapien sie Krebsbetroffenen empfehlen können. Zudem verbessert die offizielle Aufnahme von Yoga in diese Leitlinie nachhaltig die Versorgung onkologischer Patient:innen und fördert die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich. 


Hinweis: Yoga kann die Therapie einer Krebserkrankung auf verschiedenen Ebenen unterstützen. Dies ist inzwischen durch zahlreiche Studien belegt. Was Yoga nicht kann: Es kann keine Schulmedizin ersetzen! So ist beim ersten Verdacht auf eine Krebserkrankung beziehungsweise bei der Diagnose Krebs immer eine sofortige medizinische Versorgung und Therapie notwendig.


Wie kann Yoga während einer Krebserkrankung helfen?

Yoga ist keine Behandlungsalternative zur schulmedizinischen Therapie, hilft aber dabei, deren Nebenwirkungen zu mindern und somit ein gesteigertes Wohlbefinden zu generieren. Aber es gibt noch mehr positive Wirkungen von Yogastunden auf die körperliche, mentale und emotionale Gesundheit bei einer Krebserkrankung.

1. Yoga ist die perfekte Bewegungsart bei Erkrankungen

Zahlreiche Studien haben die positiven – teilweise sogar Mortalitätsreduzierenden – Wirkungen von Sport und Bewegung als begleitende Verfahren in der Krebstherapie bestätigt. Insbesondere dem Yoga als ganzheitliches Konzept für einen bewussten, gesunden Lebensstil kam in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit zu. 

So beinhaltet Yoga verschiedenste Körperübungen, die sowohl kräftigende als auch dehnende Wirkung auf unsere Muskulatur haben. Diese sogenannten Yoga-Asanas können sanft ausgeführt werden und an alle Körpertypen und an fast alle körperlichen Nebenwirkungen einer Krebserkrankung angepasst werden.

Beispielsweise wird in Yogaklassen für Menschen bei einer Brustkrebs-Therapie darauf geachtet, nicht zu viel Gewicht auf Schultern, Oberarme und den Brustbereich zu verlagern. Bei Menschen mit einem künstlichen Darmausgang wird darauf geachtet, keine auf dem Bauch liegenden Übungen zu praktizieren und die Bauchmuskulatur nur sehr sanft zu trainieren. Und für den von der Krebstherapie ermüdeten Körper bietet sanftes Yin Yoga eine hervorragende Alternative zu körperlich aktiveren Yogaformen.

Zudem gibt es für jede Yogaübung zahlreiche Variationen, Anpassungsmöglichkeiten und verschiedene Hilfsmittel wie Stühle, Blöcke, Kissen und Decken.

2. Yoga wirkt mental-emotional aufhellend, stabilisierend und stärkend

Yoga unterstützt aber auch die mentale Gesundheit in der herausfordernden Zeit einer Krebserkrankung beziehungsweise während der Krebstherapie. Vor allem die Kombination aus Körper- und Atemübungen als auch die Meditation haben eine beruhigende und stärkende Wirkung auf unseren Geist. Verschiedene Atemübungen steuern beispielsweise das parasympathische Nervensystem an, wirken also beruhigend und helfen bei Panik, Ängsten und Schlafstörungen. 

Andere Atemübungen wirken aktivierend, können die Stimmung und Vitalität heben. Sie helfen bei leichten Depressionen und bei der während der Krebstherapie so häufig auftretenden Fatigue. Wiederum andere Atem- und Yogaübungen helfen bei Polyneuropathie, bei Hitzewallungen und können sogar Entzündungswerte im Körper reduzieren.


Programmbanner Breathwork


3. Yoga hilft dir, dir selbst zu helfen

Krebsbetroffene, die Yoga üben, empfinden die Nebenwirkungen ihrer Krebstherapie oft weniger belastend und berichten über eine höhere Lebensqualität. Dies ist immens wichtig und hilft dabei, die Krebstherapie trotz starker Nebenwirkungen nicht abzubrechen. Yoga unterstützt somit den Therapieerfolg. 

Dadurch bieten Yogastunden Krebspatient:innen die Möglichkeit, ihren Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Sie stehen ihrer Erkrankung nicht hilflos gegenüber, sondern können sich durch Bewegung, Atemübungen (Pranayama) und Meditationen selbst etwas Gutes tun, Nebenwirkungen lindern, sich emotional stabilisieren, Heilung visualisieren. Dieses Gefühl von Selbstwirksamkeit reduziert nicht nur die psychische Belastung einer Erkrankung – es gibt sogar Hinweise, dass es sich positiv auf die Überlebensrate auswirkt.


Die Kraft des Mantra

Mantras werden ofe während der Meditation eingesetzt, um geistige Klarheit, spirituelles Wachstum und innere Ruhe zu schaffen. Ziel ist es, den Geist von äußeren Ablenkungen zu befreien und auf das Mantra zu lenken, um inneren Frieden und spirituelle Erfahrungen zu fördern. Dieses Video ist ein Auszug aus dem Kurs „Yoga & Krebs“:


4. Yoga hilft bei den großen Fragen

Vor allem aber integriert Yoga den emotionalen, sinnsuchenden, spirituellen Aspekt einer Krebserkrankung. Die Yoga-Philosophie schafft den Raum, um tiefgehend über die eigene existentielle Situation nachzudenken. Yoga schärft damit das Bewusstsein für die offensichtlichsten Wahrheiten unserer Existenz: Dass alles in dieser Welt vergänglich ist, dass wir weder an unserem Körper, noch an unserem Besitz oder an unseren Beziehungen festhalten können. Und dass dennoch in jedem von uns ein göttlicher Funke steckt, der unvergänglich ist und immerzu existieren wird. Dieses Bewusstsein kann die Art, wie wir leben und wachsen, positiv beeinflussen.

In der Zeit nach meiner Operation rückte für mich vor allem eine Frage in den Vordergrund: Was bedeutet Krebs und wie kann ich dieser existenziellen Herausforderung begegnen? Die Krebsdiagnose als Konfrontation mit meiner Vergänglichkeit löste erst einmal starke Ängste und tiefe Trauer aus. Nicht zuletzt die Beschäftigung mit der Philosophie des Yoga verhalf mir dann aber zu unmittelbarer Klarheit über die Dinge, die mir im Leben wirklich wichtig sind. Die Auseinandersetzung mit dem Tod aus dieser Perspektive führte zu einem raschen Wandel meiner Lebensperspektive und zu einer Neuorientierung der Prioritäten. Dafür bin ich sehr dankbar!

Die Erfahrung, dass eine Krebsdiagnose und somit eine Konfrontation mit dem Tod einen positiven Beitrag zum Leben leisten, wird in der Gesellschaft nicht so leicht akzeptiert. Für gewöhnlich sehen wir den Tod als Schrecken, als Übel und als Last. Doch die Auseinandersetzung mit dem Tod führt neben der Erkenntnis, wie kurz das Leben ist, eben auch zur Erkenntnis des unermesslichen Wertes des Lebens. Sie führt zu einer klaren Wahrnehmung unserer Umgebung und der Menschen darin. Sie schärft die Fähigkeit, im Augenblick zu leben und jeden Moment zu genießen. Das Integrieren der Vergänglichkeit schafft ein neues Bewusstsein für die lebendigen Dinge und den Drang, sich ihrer jetzt zu erfreuen, bevor es zu spät ist. 

Mein Lehrer Kaustubha Das beschreibt Yoga als „eine Praxis, die uns ermöglicht, den Geist zu beruhigen. In diesem friedvollen Zustand kann unser Selbst seine wahre Natur erkennen“.

So sagt es auch der weise Yogi Patanjali in den ersten drei seiner legendären Yoga-Sutren:

Atha Yoga nushasanam – Jetzt ist Yoga.
Yoga Chitta Vritti Nirodaha – Yoga ist der Zustand, in dem die Verwirrungen des Geistes zu Ruhe kommen.
Tada drasthu svarupe vastanam – In diesem Zustand erkennt das Selbst seine wahre Natur.

Diese wahre Natur wird in der yogischen Philosophie als sat (unsterblich), chit (weise) und ananda (glückselig) beschrieben. Indem das Selbst seine wahre Natur erkennt, erkennt es also die Unsterblichkeit, die Weisheit und die Glückseligkeit in sich. Die Integration der Vergänglichkeit in unserem Leben führt zum Erkennen unserer eigenen Unsterblichkeit. 


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Tina Scheid
Tina Scheid

Tina Scheid ist Yoga- und Breathwork-Lehrerin und unterrichtet seit 2013 in verschiedenen Yogastudios in Hamburg. Sie bietet Workshops, Retreats und Firmenyoga an und assistiert Max Strom bei Breathwork-Workshops und Lehrer:innenausbildungen. Tina ist zudem als Psychoonkologin und MHFA-Ersthelferin tätig und unterstützt Krebspatient:innen in herausfordernden Zeiten.

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