Sommer – so lebst du im Einklang mit dieser Jahreszeit

Von Emma Newlyn

In allen Ländern, die Frühling, Sommer, Herbst und Winter kennen, herrscht je nach Jahreszeit eine ganz unterschiedliche Energie: Blickst du im Winter nach draußen, sehen die Bäume völlig anders aus als im Hochsommer. Im Frühling sind wir von hellgrünen Blättern, Regenbogen aus Blumen und blühenden Pflanzen umgeben, während der Herbst in Brauntöne getaucht ist.

Und so wie sich die Natur von Monat zu Monat verändert, so tun wir das auch – weil wir Teil der Natur sind. Wir Menschen haben immer in inniger Verbindung zur Natur gelebt und unseren Alltag auf die Jahreszeiten abgestimmt. Vor etwa 12.000 Jahren, als die Menschen von einer nomadischen Jäger- und Sammlergesellschaft zu einem eher landwirtschaftlichen Lebensstil übergingen, begannen wir jedoch, uns langsam von der Natur zu entfremden. Heute zeigen Untersuchungen, dass die meisten Erwachsenen in westlich geprägten Ländern 90 Prozent des Tages in Innenräumen verbringen und laut einer Studie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit nur drei Stunden pro Woche in der Natur – sei es in einem örtlichen Park, Wald oder Naturschutzgebiet.

Die Lebensmittel, die du isst, die Menge an Sonnenlicht, der du ausgesetzt bist, die Art der Bewegungen, die du ausführst, und die Stunden, die du schläfst – dies sind alles „Informationen“, die deinem Körper sagen, welche Jahreszeit und Tageszeit aktuell ist es ist und so alle Vorgänge auf physischer, mentaler und emotionaler Ebene beeinflussen. Wenn du saisonale (und wenn möglich lokale) Nahrungsmittel isst, versorgst du deinen Körper mit genau den Nährstoffen, die du benötigst, um in dieser bestimmten Jahreszeit zu gedeihen. Wenn du deinen Lebensstil an die Tageslänge anpasst – zum Beispiel im Sommer früh aufstehst und im Winter etwas später – gibst du deinem Körper die Signale, die er benötigt, um sich das ganze Jahr über wohl zu fühlen.

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Sommer – Der Höhepunkt der „Yang“-Energie

Während der Frühling ganz im Zeichen der Planung und des allmählichen Erwachens aus dem Winterschlaf steht, ist der Sommer die Zeit, diese Pläne voller Motivation und Energie in die Tat umzusetzen. Während die Dunkelheit des Winters zu einem „Yin“-Lebensstil mit viel Ruhe und Introversion führt, ist der Hochsommer der Höhepunkt der Extroversion und die Zeit, alles zu umarmen, was das Leben zu bieten hat: Einladungen anzunehmen, sich in Projekte und Leidenschaften zu vertiefen, zu reisen, zu erkunden und so viel Spaß wie möglich in den Tag zu integrieren.

Nimm dir einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken, wie viel Freude du in dein Leben bringst: Wann hast du das letzte Mal etwas nur aus Freude getan? Wann hattest du das letzte Mal wirklich Spaß? Wenn es eine Weile her ist, empfehle ich dir folgende Übung: Schreibe eine Liste mit zehn Dingen, die dir wirklich Freude machen – und verpflichte dich, diesen Sommer jeden Tag mindestens eine dieser Aktivitäten umzusetzen!

In seinem Buch „The 4 Season Solution“ verknüpft Dallas Hartwig jede Jahreszeit mit einem bestimmten Hormon. Der Sommer steht im Zeichen des Glückshormons Dopamin, sprich: Vergnügen, Freude, Glücksgefühle, Aufregung. Nutze den Sommer und verbringe deine Zeit mit Aktivitäten, die dich aufgeregt und freudig machen, nimm an Spielen, Spaßläufen und allem teil, was dir Freude bereitet.

Um die Action und Aufregung des Sommers zu genießen, ist es wichtig, dass du dir im Herbst und Winter ausreichend Ruhe und Erholung gegönnt hast. Wenn die Vorstellung, kopfüber in diese Jahreszeit zu springen, erschöpfend klingt, ist das wahrscheinlich ein Zeichen dafür, dass du in den Yin-Jahreszeiten Herbst und Winter langsamer machen musst. Mit genügend Ruhe und Zeit für einen echten Reset in der dunklen Jahreshälfte bist du bereit, das Leben in vollen Zügen zu genießen, wenn sich die Energie wieder verschiebt.

Entspannt aktiv sein

Früher war der Sommer die Zeit, in der wir von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Nahrung sammelten. Auch heute verbringen wir ganz natürlich mehr Zeit im Freien und sind körperlich aktiver, wenn es länger hell ist und die warmen Temperaturen nach draußen einladen. Der Schlüssel zur Bewegung im Sommer ist jedoch, dass sie von geringer Intensität ist. Ein intensives Training in der Mitte eines heißen Sommertages kann für den Körper schädlich und erschöpfend sein. Wähle stattdessen Spaziergänge und Wanderungen im Wald, Schwimmen in einem kühlen See oder entspannte Ballspiele mit Freund:innen als nicht-yogische Bewegung in dieser Jahreszeit.

Um die Intensität von Hitze und Feuchtigkeit im Sommer auszugleichen, empfehlen ayurvedische Texte wie das Ashtanga Hridayam, die heißeste Tageszeit „glücklich in Gesellschaft von Freunden zu verbringen, die sich mit angenehmen Spielen, Zeitvertreiben und Geschichtenerzählen beschäftigen, in Wäldern oder Gärten mit kühlem Wind aus südlicher Richtung und vielen Wasserreservoirs ringsum.“ Wir können diesen Rat befolgen, indem wir diese Zeit in schattigen Wäldern, im Garten oder in der Nähe von Wasser verbringen und uns an leichtherzigen und spielerischen Aktivitäten beteiligen.

Yoga für den Sommer

Auch unsere Yoga-Praxis können wir an den Sommer anpassen!

Asanas für den Sommer

Haltungen, die das Herz und die Lungen sanft öffnen, ein Gefühl von Weite schaffen und das Nervensystem entspannen, sind eine wunderbare Möglichkeit, heiße, feuchte und geschäftige Sommertage auszugleichen.

Um die Aktivität und Aufregung des Sommers zu balancieren, kannst du Yin-Haltungen wie die Sphinx- und Siegelpose, regenerierende Rückbeugen, die von einem Bolster gestützt werden, und Viparita Karani, auch bekannt als „Beine an der Wand“-Pose, wenn sich deine Beine nach einem langen Tag in der Sonne schwer oder geschwollen anfühlen.

Nutze das morgendliche Sonnenlicht, wenn du kannst, und übe ein paar Sonnengrüße (Surya Namaskar), bevor es zu heiß wird!

Pranayama für den Sommer

Studien zeigen, dass das Atmen durch entweder das linke oder rechte Nasenloch einen tiefgreifenden Einfluss auf die Gehirnaktivität haben kann. Das Atmen durch das rechte Nasenloch wird mit erhöhter Konzentration, logischem Denken und Verdauungskraft in Verbindung gebracht, da es die Energie im Pingala Nadi stimuliert, einem subtilen Energiekanal, der mit unseren feurigeren Aspekten verbunden ist.

Im Sommer kannst du also Pranayama-Praktiken nutzen, um die Energie am Anfang des Tages zu steigern. Dafür empfehle ich ein paar Runden Surya Bhedana – auch bekannt als „Sonnenaktivierender Atem“ oder einfach „Rechtsnasenloch-Atmung“ –, bei der du durch das rechte Nasenloch einatmest und durch das linke aus, während du das jeweils andere Nasenloch sanft zuhälst (wie bei Nadi Shodana). Den Effekt kannst du noch steigern, wenn du das Pranyama mit einer morgendlichen Dopamindosis durch einen Spaziergang im Sonnenlicht kombinierst.

Mit den entsprechenden Atemübungen kannst du dich aber auch beruhigen und abkühlen und so einem „Burnout“ vorbeugen. Probiere die Sitali-Atmung aus, indem du die Zunge kräuselst und damit Luft einsaugst, wie du es mit einem Strohhalm tun würdest. Halte den Atem einen Moment lang an, atme dann langsam durch die Nase aus und wiederhole das noch zweimal.

Sonnenschein – Verbessere deine Stimmung

Ein oft übersehener Aspekt für gute Gesundheit ist die innere Uhr. Wenn unsere innere Uhr beziehungsweise unsere „zirkadianen Rhythmen“ mit den Rhythmen des Tages übereinstimmen, haben wir nicht nur mehr Energie, sondern auch eine gesunde Verdauung, einen ausgeglichenen Hormonhaushalt und schlafen besser.

Vier wichtige Faktoren spielen eine Rolle bei der Einstellung der inneren Uhr:

  • Licht,
  • Nahrung,
  • Bewegung und
  • soziale Interaktion.

Der Sommer ist die Jahreszeit, in der wir das Morgenlicht nutzen können, um unsere inneren Rhythmen wieder in Einklang zu bringen. Wenn wir morgens Zeit im Freien verbringen, absorbieren Lichtrezeptoren in unseren Augen die natürlichen blauen Lichtwellen, die von Sonnenaufgang bis etwa 11 Uhr stärker vorhanden sind. Diese Lichtwellen senden eine Nachricht an das Gehirn, dass es Tag ist. Wenn das Gehirn diese Nachricht erhält, ist das, als würdest du dein Auto anlassen – unser Verdauungssystem beginnt zu arbeiten, wir können uns besser konzentrieren, fühlen uns energiegeladener und bereit für den Tag.

Erinnerst du dich, dass ich erwähnt habe, dass der Sommer mit dem Glückshormon Dopamin verbunden ist? Wenn wir eine Dosis morgendliches Sonnenlicht bekommen, löst das einen Dopaminschub im Körper aus, der unsere Stimmung hebt. Dopamin ist jedoch nicht nur für Freude verantwortlich, es ist auch ein Neurotransmitter, der für Motivation zuständig ist. Mit einer morgendlichen Dosis Dopamin fühlen wir uns motivierter und können den Tag mit mehr Energie, Lebendigkeit und Begeisterung angehen. Wahrscheinlich sind wir dann auch eher motiviert, am nächsten Tag wieder morgens nach draußen zu gehen! Die Wissenschaft ist sich einig, dass es umso wahrscheinlicher ist, dass wir uns für den Rest des Tages deprimiert, unmotiviert und träge fühlen, je später diese Lichtexposition stattfindet (also wenn wir ausschlafen oder lange Zeit drinnen bleiben).

Alte Yogis kannten die Kraft des Morgensonnenlichts, und einige der frühesten Formen vom Sonnengruß Surya Namaskar bestanden nicht aus Bewegung, sondern konzentrierten sich stattdessen auf das Sonnenanbeten – den Blick zum Himmel bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Achtung: Wenn du das praktizierst, schaue bitte niemals direkt in die Sonne!

Wenn du das morgendliche Sommerlicht optimal nutzen willst, versuche, innerhalb von 30 Minuten nach dem Aufwachen nach draußen zu gehen. Es dauert nur etwa fünf bis zehn Minuten, bis das Licht eine positive und aktivierende Wirkung auf den Körper hat, also nutze die Zeit, um ein paar Runden Sonnengrüße zu machen, deinen Morgenkaffee zu trinken oder Pranayama zu praktizieren.

Sommerliche Lebensmittel und Kräuter

Mit mehr Bewegung und Aktivität im Sommer kommt auch mehr oxidativer Stress. Oxidativer Stress ist die natürliche Reaktion von Zellen und Geweben, die sich abbauen, wenn wir uns bewegen und trainieren und viel Zeit in der Sonne verbringen. Obwohl es beängstigend klingen mag, passt diese Reaktion in die Jahreszeit: Gewebe bauen sich ab, reparieren sich und werden wieder stärker.

Um zu verhindern, dass dein sommerlicher Yang-Lifestyle zu oxidativem Stress führt und dadurch schädlich wird, kannst du Lebensmittel konsumieren, die reich an Antioxidantien sind. Weil die Natur genau weiß, was du brauchst, wirken viele der im Sommer frisch verfügbaren Lebensmittel antioxidativ. Besonders Erdbeeren, Stachelbeeren, Blaubeeren und schwarze Johannisbeeren, Rote Beete, Brokkoli und Paprika sind reich an Antioxidantien wie Vitamin C.

Geselligkeit – es ist Partyzeit

Grundsätzlich hängt es von unseren individuellen Vorlieben ab, wie viel Zeit wir gerne mit anderen verbringen. Im Allgemeinen ist jedoch der Sommer die Zeit, in der Menschen am geselligsten sind, neue Bekanntschaften machen und Freundschaften schließen. Im starken Kontrast zur Winterzeit, die von der Energie des Rückzugs, Gemütlichkeit und Familienzeit geprägt ist, steht der Sommer für Extroversion, Erkundung und Abenteuer. Wenn du deine abenteuerlustige Seite entdecken willst, plane vielleicht eine Reise an einen unbekannten Ort oder nimm an einer Aktivität teil, die du noch nie ausprobiert hast. Wie wär's mit Paddle-Boarding, einem Tanzkurs oder einem Parklauf?


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Organe, die im Sommer gepflegt werden sollten

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird das Herz als eines der Organe betrachtet, auf das wir im Sommer besonders achten sollten. Das Herz steht für Glück, Aufregung, Liebe, Leidenschaft und Bewegung. Um dieses Organ zu nähren, profitieren wir davon, an lustigen und angenehmen Aktivitäten teilzunehmen. TCM rät dazu, früh aufzustehen, Dinge zu machen, die Spaß machen und uns in einen Flow-Zustand versetzen, kreative Projekte und kindliches Spiel öfter zu genießen. Auch die Farbe Grün balanciert die Herzenergie, also umgib dich mit den natürlichen Grüntönen der Natur, grünen Lebensmitteln – und trage vielleicht auch grüne Kleidung!

Versuche in dieser Saison mehr aus deinem Herzen heraus zu handeln und zu sprechen. Sehr oft schieben wir das, was unser Herz wirklich braucht, zugunsten dessen beiseite, was unser Kopf uns sagt. Also versuche beim nächsten Mal, wenn du eine Entscheidung treffen musst, deine Hand auf dein Herz zu legen und einfach zu fühlen. Was sagt dein Herz, dass du heute brauchst? 

Sommer – Sag „Ja” zum Leben!

Wenn dich diese Tipps dazu inspiriert haben, diesen Sommer mehr im Einklang mit den Jahreszeiten zu leben, beginne damit, deine persönlichen Rhythmen mit den Rhythmen der Natur in Einklang zu bringen. Gehe morgens nach draußen, bring mehr Freude in deinen Tag und sage vielleicht in diesem Sommer etwas öfter „Ja'” zum Leben!

Emma Newlyn
Emma Newlyn

Emma ist zertifizierte Yogalehrerin, Autorin und ganzheitliche Therapeutin und lebt in Sussex in England. Ihr Herz gehört der Yoga-Philosophie und dem Ayurveda – sie liebt es, diese alten Methoden durch ihre lebensnahen Bücher und Kurse in die moderne Welt zu bringen. Emma bietet Live- und Online-Kurse zu den Themen Yoga, Ayurveda und Ganzheitliche Gesundheit an, die den Teilnehmer:innenn Werkzeuge und Techniken vermitteln, um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden in die eigene Hand zu nehmen. Mehr Informationen zu Emma findest du unter emmanewlynyoga.com (Foto: YogaMatters)