
Die Grundlagen einer modernen Yogastunde
Als Yoga-Anfänger:in ist es erst mal nicht leicht zu durchschauen, wie eine Yogastunde aufgebaut ist. Warum etwa beginnt manche Stunde mit einer Entspannung im Liegen, eine andere mit einer Meditation? Was hat langsames Atmen mit Yoga zu tun? Und wann kommen endlich die Übungen??? Wir erklären dir, welchen Elementen du in den meisten Yogastunden begegnen wirst – und warum sie zu jeder runden Yogaastunde gehören.
Wie ist eine Yogastunde aufgebaut?
Die folgenden Elemente wirst du in den meisten Yogastunden finden, und zwar wahrscheinlich in genau dieser Reihenfolge:
- Anfangsentspannung/Meditation
- Atemübungen (Pranayama)
- Aufwärm- und Vorbereitungsübungen
- Körper-Stellungen (Asanas)
- Tiefenentspannung (Shavasana und Yoga Nidra)
1. Entspannung und Meditation zum Ankommen
Damit die Yoga-Übungen ihre volle Wirkung entfalten können, ist es hilfreich, erst mal „anzukommen” – auf der Yogamatte, aber auch bei dir. Deshalb beginnen die meisten Yogastunden mit einer Anfangsentspannung oder einer Meditation. Denn während du entspannst oder meditierst, lässt du den Tag hinter dir, wirst körperlich und emotional ruhiger und bereitest dich so optimal auf die kommende Asana-Praxis vor.
Die Anfangsentspannung kann im Liegen stattfinden, vielleicht auch im Stehen. Dabei wird der/die Lehrer:in dich anleiten, Verspannungen loszulassen, vielleicht wirst du auch tief in den Bauch atmen.
Meditation ist ein Zustand, der entsteht, wenn du aufhörst zu denken – an das Vergangene, das Zukünftige, oder die störenden Geräusche aus dem Innenhof. Das ruhige, aufrechte Sitzen, meist kombiniert mit dem Rezitieren eines Mantras oder einer Atemtechnik, lässt den Geist still und ruhig werden und bringt dich in Kontakt mit deinem Körper, ins Fühlen, ins Wahrnehmen dessen, was ist.
Hier führt dich Dr. Patrick Broome durch die Liebende-Güte-Meditation, die dir hilft, allen Menschen – auch dir – in Liebe zu begegnen:
2. Pranayama – die Atemübungen
Durch die Atmung kannst du großen Einfluss nehmen auf dein Befinden: Wenn du flach und hektisch atmest, fühlst du dich nicht nur nervös, sondern ermüdest auch schnell. Wenn du aber einige Atemzüge tief und entspannt in den Bauch atmest, wirst du schnell merken, dass du ruhiger wirst, dass dein ganzer Körper entspannt und du wieder Energie schöpfst.
Deshalb sind die yogischen Atemübungen, Pranayama genannt, die perfekte Ergänzung und Vertiefung der Anfangsmeditation/-entspannung. Pranayama hilft dir, deinen Geist weiter zu beruhigen und zu stabilisieren. Tatsächlich ist der Atem so machtvoll, dass spezielle Atemübungen nicht nur bei Nervosität und Lampenfieber akut Hilfe leisten können, sondern eine regelmäßige Pranayama-Praxis dauerhaft Ängste und Reizbarkeit reduzieren kann.
Sehr beliebt unter Yogalehrenden ist die Wechselatmung Nadi Shodana, weil sie stark ausgleichend und harmonisierend wirkt:
3. Aufwärm- und Vorbereitungsübungen
Die meisten Yoga-Übungen sind – auch wenn sie nicht immer den Anschein haben – sehr komplex. Sie stellen hohe Anforderungen an unsere Eigenwahrnehmung, unsere Koordinationsfähigkeit und teilweise auch an unseren Gleichgewichtssinn. Unsere heutige Arbeitswelt bedingt in der Regel, dass wir uns unserem Körper immer wieder über viele Stunden hinweg entfremden. Deshalb ist es sinnvoll, den Körper sanft auf die Yoga-Übungen vorzubereiten. Da, wo du eng geworden bist, zum Beispiel durch lange Phasen der Konzentration, brauchst du wieder Weite. Wo wir dich verspannt hast, zum Beispiel durch Stunden vor dem Computer, solltest du erst mal überflüssige Spannung lösen.
Deshalb ist es sinnvoll vor dem Üben komplexer Haltungen den Körper zu erwärmen und die Durchblutung anzuregen. Das erleichtert es dir, die folgenden Übungen korrekt auszuführen und dich nicht zu überdehnen. Gerade die starken Dehnungen in den Vorbeugen oder Standhaltungen brauchen viel Weichheit und Durchlässigkeit in allen Geweben (Muskeln, Sehnen, Bändern und anderen Bindegeweben), die sonst eher Halt geben.
Zu den vorbereitenden Übungen gehört traditionell der Sonnengruß. Diese fließende Abfolge von verschiedenen klassischen Asanas wie dem Berg und dem Hund bewegt den gesamten Körper durch, und erwärmt und aktiviert ihn so. Sehr hilfreich sind aber auch sanft dehnende Übungen (wie die seitliche Dehnung auf dem Foto oder die stehende Vorwärtsbeuge) und Übungen, die Bewegung in deinen Körper bringen: Schulterrollen, Sufi Kreise, Hüftkreisen, Katze-Kuh und ähnliches.
Diese Übungen wärmen nicht nur die Muskeln auf, sondern lösen auch Verspannungen und Blockaden in den Gelenken – und bringen dich in Kontakt mit deinem Körper, wie er gerade ist. In einer guten Yogastunde nimmt die Vorbereitung daher einen bedeutenden Teil der Übungspraxis ein. Wenn du ohne vorbereitende Übungen gleich komplexe Haltungen einnehmen würdest, würdest du nicht nur weiterhin dem Anforderungsprofil des Alltags folgen, du hättest auch ein deutlich erhöhtes Verletzungsrisiko. Zudem würdest du dich deutlich weniger regenieren in der Yogapraxis und könntest Fehlhaltungen nicht ausgleichen.
4. Asanas – die Yoga-Stellungen
Nachdem du dich nun klar und fokussiert fühlst und deine Muskeln aufgewärmt sind, kannst du dich den körperlichen Yoga-Übungen widmen. Diese sogenannten Asanas sind Haltungen, die bewusst und achtsam Schritt für Schritt eingenommen werden und dann unterschiedlich lang gehalten werden. Das ruhige Halten der Stellungen bringt deine Energie wieder zum Fließen, innere Heilkräfte werden aktiviert und deine Organe besser durchblutet.
In der Haltephase kannst du für dich herausfinden, was heute die passende Anstrengung ist und wie du überflüssige Anspannung lösen kannst. Dabei zeigt dir der Atem den Weg: Er soll immer ruhig und gleichmäßig fließen (darf dabei aber auch mal kraftvoll werden). Asanas werden bewusst, Schritt für Schritt verlassen. Kurz: Asana-Üben ist in jedem Moment bewusstes Tun, das der Atem unterstützt.
In fließenden Yoga-Stilen wie Power Yoga oder Ashtanga Yoga werden Asanas meist aneinandergereiht und miteinander verbunden. Dadurch werden sie in der Regel eher kurz gehalten. Hier ist die Aufgabe so achtsam durch die Haltungen zu fließen, dass du sie zum einen korrekt ausführst, zum anderen aber ganz mit dir und deinem Atem verbunden bleibst. Wenn du merkst, dass dein Atem angestrengt ist, dass du aus der Puste kommst, bedeutet das, dass du eine kleine Pause einlegen solltest, etwa in der Kindhaltung.
Lese-Tipp: In unserem Asana-Lexikon findest du eine Übersicht der bekanntesten Yoga-Asanas mit vielen Bildern und Videos.
Asanas entwickeln auf sanfte Art Muskelstärke, Flexibilität und Körperbewusstsein. Mit nur wenig Anstrengung kann man durch Yoga schnell Fortschritte machen, einen gleichmäßig flexiblen Körper mit harmonisch entwickelter Muskelkraft zu entwickeln – und ein solcher Körper ist die Voraussetzung für Gesundheit und leichte Bewegung. Asanas sind eine ausgezeichnete Vorbeugung gegen jede Art von Krankheit und können klassische Therapien in ihrer Wirksamkeit unterstützen.
5. Die Tiefenentspannung
Essentieller Bestandteil jeder Yogastunde ist die abschließende Tiefenentspannung, die je nach praktiziertem Yogastil unterschiedlich lang ist. Am häufigsten wird sie dir in Form von Shavasana begegnen. Dabei liegst du auf dem Rücken und entspannst systematisch alle Teile des Körpers und schließlich auch den Geist.
Entspannung ist gerade für den modernen Menschen besonders wichtig und für viele ein Grund, sich dem Yoga zuzuwenden. Während der Entspannung werden Stresshormone abgebaut, das Immunsystem gestärkt, Heilprozesse gefördert, geistige Stärke und Ruhe wiederhergestellt. Vollständige Entspannung kommt aber zu den meisten von uns nicht von selbst, sondern muss systematisch gelernt werden.
Eine weitere Form der Entspannungspraxis ist Yoga Nidra, der Yogaschlaf. Yoga Nidra führt dich langsam in die tiefen Ebenen deines Bewusstseins und ist damit optimal geeignet, wenn du lernen möchtest bewusst zu entspannen.
Nina Heitmann trägt dich in dieser Yoga-Nidra-Sequenz mit sanfter Stimme in die Entspannung: