Herabschauender Hund: Yoga gegen Spannungskopfschmerzen
Bildquelle: Xenia Bluhm

So hilft Yoga gegen Kopfschmerzen

Von Katharina Goßmann und Katharina Maurer

Kopfschmerzen sind in Deutschland eine Volkskrankheit: Nach der Krankheitslast-Studie BURDEN 2020 leiden 57,5 % der Frauen und 44,4 % der Männer in Deutschland mindestens einmal im Jahr unter Kopfschmerzen. Davon sind 10,3 % der Frauen und 6,5 % der Männer von Spannungskopfschmerzen betroffen.

In diesem Artikel erfährst du, welche Asanas bei akutem Kopfschmerz helfen, wie regelmäßiges Yoga Spannungskopfschmerzen nicht nur reduzieren, sondern sogar verhindern kann – und warum ein yogisches Mindset ein essentieller Baustein für ein Leben ohne Spannungskopfschmerzen ist. 

Ursachen und Arten von Kopfschmerzen

Es gibt verschiedene Arten von Kopfschmerzen:

  • Zum einen sind da die sehr seltenen Cluster-Kopfschmerzen. Die Betroffenen leiden unter heftigen, einseitigen Attacken, deren Ursache noch weitesgehend unbekannt ist.
  • Dann gibt es die berühmt-berüchtigten Migräne-Attacken. Wir haben Migräne-Kopfschmerzen einen eigenen Artikel gewidmet, weil sie einige Besonderheiten aufweisen. 
  • Am häufigsten werden Kopfschmerzen allerdings von verspannten Muskeln im Schulter-Nacken-Bereich verursacht. Das sind dann die sogenannten Spannungskopfschmerzen.

Verspannungen können unterschiedlichste Gründe haben: Unergonomische Sitzgelegenheiten, ein ungünstig platzierter Monitor, zu wenig Bewegung, falsche Bewegungsmuster, einseitige körperliche Belastung (etwa für Berufe in der Pflege, auf dem Bau o.ä.) oder eine körperliche Besonderheit, die den kompletten Bewegungsapparat aus der Balance bringt (eine problematische Hüftstellung durch einen Unfall, Beckenschiefstand etc.).

Und dann gibt es natürlich noch diese unerfreuliche Nebenwirkung der modernen Gesellschaft: Stress. Wenn du dauerhaft unter zu viel (Leistungs- oder Termin-) Druck, Überforderung und negativen inneren Gedanken- und Gefühlsmustern leidest, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die innere Verspannung in äußere überträgt. 

Wie kann Yoga gegen Kopfschmerzen helfen?

Die Ursachen für Spannungskopfschmerzen sind also vielfältig. Wie kann nun Yoga angesichts dieser unterschiedlichen Problemlagen bei Spannungskopfschmerzen helfen?

Die Charité Universitätsklinik hat in einer Studie zum Thema Yoga und Nackenschmerzen auch die Entwicklung der Kopfschmerzen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis überrascht uns nicht: Zehn Wochen Iyengar Yoga konnten die Schmerzintensität bei Kopfwehpatient:innen auf einer Schmerzskala von 0 bis 100 mm (in Form einer visuellen Analogskala) von durchschnittlich 44,7 mm auf 19,3 mm senken. Die Vergleichsgruppe konnte sie nur von 44,6 mm auf 30,0 mm senken. Auch die University of Rajasthan (Indien) führte eine Studie zum Thema Yoga bei Kopfschmerzen durch: 72 Teilnehmende übten drei Monate lang fünfmal pro Woche Yoga mit einem Yogatherapeuten. Dazu gehörten Asanas ebenso wie Pranayama (Kapalabhati) und Reinigungsübungen (Nasenspülungen). Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnten die Yogi:nis sowohl die Intensität als auch die Häufigkeit ihrer Kopfschmerzen stark reduzieren.


In diesem 24-minütigen Video führt dich Nina Heitmann durch eine sanfte Yoga-Praxis, die akute Kopfschmerzen lindern kann. Dabei mobilisierst du deinen Nacken und den Schultergürtel und dehnst deine Körperrückseite.


Diese positive Wirkung von Yoga lässt sich gut nachvollziehen, wenn du dir die einzelnen Elemente einer ganzheitlichen Yoga-Praxis vor Augen führst:

1. Meditation

Meiner bescheidenen Meinung nach sollte jede Yoga-Praxis wenigstens mit ein paar Minuten Meditation starten. Denn beim Meditieren kommst du vom Außen ins Innen. Die Eindrücke des Tages treten langsam in den Hintergrund, du wendest dich nach innen, beginnst deinen Körper zu spüren, nimmst deine Gedanken und Gefühle bewusst war. Vielen Menschen fällt erst beim Meditieren auf, wie erschöpft sie sind, oder eben entspannt. Vielleicht kommen auch Tränen. Das passiert, wenn wir sonst nicht in Kontakt mit uns selbst sind. Dann können wir die Signale des Körpers, die Muster des Geistes und die Bedürfnisse der Seele erst spüren, wenn wir uns ihnen bewusst und achtsam zuwenden. 

Dieser Kontakt mit dir ist aber die Grundlage dafür, dass du gut für dich sorgen kannst. Wenn du dich bewusst wahrnimmst, merkst du sofort, dass du die Schultern hochziehst – und kannst sie entspannen. Dann fällt dir auf, dass du dich gerade unter Druck setzt. Dann merkst du, dass du eine Pause brauchst. Je regelmäßiger du meditierst, umso besser wirst du auch außerhalb der Yoga-Praxis im Kontakt mit dir sein können. Und so besser für dich sorgen können.

Vielleicht erkennst du in der Meditation bei der Betrachtung deiner Gedanken und Gefühle auch Muster, die dir nicht nutzen: „Immer muss ich alles alleine machen”, „Ich schaffe das alles nicht”, „Ich mache zu viele Fehler”. Dann kannst du dir ein Mantra suchen, das dich dabei unterstützt, zu entspannen und gut für dich zu sorgen: „Ich darf mir Hilfe holen”, „Ich tue in Ruhe und mit Liebe was ich kann und sorge dabei gut für mich”, „Ich darf Fehler machen und daraus lernen”. Wenn du regelmäßig mit Mantren arbeitest, kannst du deine innere Einstellung in einer Richtung ändern, die dich innerlich wie äußerlich entspannt. 


Probiere es selbst aus mit dieser Achtsamkeitsmeditation von Christina Lobe:

[[yogavideo https://www.yogaeasy.de/videos/achtsamkeitsmeditation?version=4496]]


2. Pranayama (Atemübungen)

Auch die yogischen Atemübungen Pranayama erfüllen einen wertvollen Zweck. Je nach Übung können sie anregen, ausgleichen, Stress und Anspannung abbauen. Im Falle von Spannungskopfschmerzen solltest du Übungen wählen, die entspannend wirken. Brahmari, das Bienensummen, wirkt wunderbar beruhigend und lässt Stress verfliegen. Wenn du angespannt bist, kannst du als Soforthilfe einige Minuten Bauchatmung üben (s.u.). Und wenn du unter Verspannungen leidest, gibt es kaum eine effektivere Methode als den Atem in die verspannten Bereiche des Körpers zu senden und sie so immer mehr zu entspannen und zu öffnen.

Allgemein wird im Yoga großer Wert auf eine tiefe, entspannte Atmung gelegt. Diese Art zu atmen wirkt an sich schon Stress- und Spannungs-reduzierend. Wenn du die Bewegungen im Yoga im Einklang mit dem Atem ausführst, wirst du merken, wie viel leichter sich dein Körper öffnet und wieder in seine volle Bewegungsfreiheit kommt – die er beim angespannten Arbeiten am Schreibtisch, im Stau oder beim Scrollen durch die Social-Media-Welt verloren hat.


Hier zeigt dir Anna Trökes, wie du Bhramari übst:

[[yogavideo https://www.yogaeasy.de/videos/atemuebungen-bhramari-kevala-und-plavini]]


3. Körperliche Yogaübungen (Asanas)

In einer ausgewogenen Yogastunde wird der gesamte Körper einmal durchbewegt, alle großen Muskelgruppen werden aktiviert und gedehnt. Dabei wird im Yoga sehr großer Wert darauf gelegt, dass beide Körperhälften so trainiert werden, dass im Ergebnis jede Seite gleich stark und gleich offen ist.

Akut wird eine Yogastunde dafür sorgen, dass deine Muskeln so durchblutet und in Bewegung gebracht werden, dass sie spätestens beim Dehnen wieder deutlich entspannen. Alleine das kann schon dafür sorgen, dass die Kopfschmerzen verschwinden. Wenn du unter häufig auftretenden Spannungskopfschmerzen leidest, liegt die Vermutung nahe, dass deine inneren und äußeren Muster schon länger zu Verspannungen führen – die entsprechend hartnäckiger sind und dadurch erst mal nur gelindert werden können.

Wenn du aber regelmäßig übst, sorgt eine runde Asana-Praxis nicht nur dafür, dass Haltungsfehler, einseitige Belastungen und körperliche Asymmetrien ausgeglichen werden und du dich wieder freier bewegen kannst, weil deine Beweglichkeit zunimmt. Dein gestärkter Muskelapparat und deine neugefundene Bewegungsfreiheit sowie deine verbesserte Körperwahrnehmung sorgt dafür insgesamt für eine bessere Körperhaltung und wirkt so schädlichen Sitz-, Geh- und Laufmustern entgegen. 


Tipp: Solltest du unter besonders verspannter Muskulatur leiden oder sehr eingeschränkt in deiner Beweglichkeit sein, solltest du Faszien-Yoga ausprobieren. Der Fokus liegt bei dieser Yoga-Technik auf der Lockerung des faszialen Bindegewebes, das den kompletten Körper durchzieht und dadurch nicht nur für hartnäckige Fehlhaltungen sorgt, sondern auch bedingt, dass Verspannungen am einen Ende des Körper Beschwerden am anderen Ende verursachen... 


4. Entspannung: Du bist gut so, wie du bist

Das Thema Entspannung wird im Yoga groß geschrieben. Und zwar nicht nur, weil entspannende Übungen (wie etwa die Schlussentspannung Shavasana) Teil jeder Yogastunde sind. Nein, auch das Mindset im Yoga ist zutiefst entspannend. Denn beim Yoga musst du nichts leisten. Du musst nicht beweglicher, schneller, fitter sein. Du bist nur beim Yoga, um dir etwas Gutes zu tun. Gute Yogalehrende werden dich daran erinnern, deine Grenzen zu wahren, bei Erschöpfung in die Kindhaltung (s.u.) zu gehen, und dich bitten, dich nicht mit deinen Mattennachbar:innen zu vergleichen. Beim Yoga bist du gut so, genau so, wie du gerade bist. Und darfst voller Freude deinen Körper so bewegen, wie es dir guttut. Das ist gerade in unserer modernen Leistungsgesellschaft eine wichtige Botschaft – die nicht wenige zum ersten Mal hören. Wenn die Überzeugung, so sein zu dürfen, wie du bist, mit all deinen Bedürfnissen, langsam in dein Unterbewusstsein sinkt und dir immer öfter auch im Alltag bewusst wird, kann das den inneren Druck, immer mehr sein und machen zu müssen, reduzieren.


Rücken-Yoga-Programm von YogaEasy


Die besten Yogaübungen gegen Kopfschmerzen

Die folgenden fünf Übungen kannst du gerne als kleine Akut-Einheit üben, wenn du Kopfschmerzen hast. Sie entspannt und belebt deinen Geist.

1. Tiefe Bauchatmung

Diese einfache Atemübung hilft dir, zu dir und in deinen Körper zu kommen. Sie baut Stress ab und lockert zudem den kompletten Bauchbereich – der gerade bei Stress oftmals sehr verspannt ist.

  • Lege dich auf deinen Rücken wie für die Schlussentspannung Shavasana. Wenn das im unteren Rücken unangenehm ist, lege ein Kissen oder eine gerollte Decken unter deine Knie.
  • Beginne nun deine Atmung zu beobachten. 
  • Entspanne und lass deinen Atem tiefer und länger werden. 
  • Versuche deinen Atemfluss in den Bauch zu lenken. Beobachte, wie deine Bauchdecke sich hebt und senkt. Wenn sich dein Bauch nicht hebt und es dir schwer fällt, in die Bauchatmung zu kommen, lege eine Hand auf den Bauch und atme zu dieser Hand. 
  • Vielleicht willst du nun ein Mantra hinzunehmen. Beim Einatmen könntest du denken „Ich atme Liebe ein.” und bei Ausatmen „Ich atme Anspannung aus”. 
  • Atme einige Minuten lang auf diese Art.

2. Katze-Kuh – Marjariasana-Bidalasana

Diese Übung sieht unspektakulär aus, ist aber bei Verspannungen ungemein wohltuend. Sie bringt Bewegung in Wirbelsäule, Nacken und Schultern sowie die Hüft-Becken-Gegend und aktiviert, dehnt und entspannt damit den gesamten Oberkörper von Kopf bis Becken. Wenn deine Knie empfindlich sind, lege einfach eine Decke unter. 


Im folgenden Video kannst du Katze-Kuh mit Irina Alex üben:

[[yogavideo https://www.yogaeasy.de/videos/tutorial-katze-kuh-marjariasana-bidalasana?version=4916]]


3. Herabschauender Hund – Adho Mukha Shvanasana

Der herabschauende Hund aktiviert den gesamten Körper, durchblutet und stärkt aber vor allem den Schulterbereich. Dadurch können sich Verspannungen im Nackenbereich lösen.


Hier erklärt dir Petros Haffenrichter, wie du den herabschauenden Hund korrekt ausführst:

[[yogavideo https://www.yogaeasy.de/videos/herabschauender-hund-adho-muka-shavasana-jivamukti?version=202]]


4. Stehende Vorwärtsbeuge – Uttanasana

Die stehende Vorwartsbeuge hilft dir, deine Wirbelsäule, die Schultern und den Nacken zu entspannen. Gerade nach sitzenden oder stehenden Tätigkeiten ist Uttanasana eine echte Wohltat. Schaukele gerne sanft von links nach rechts mit deinem Oberkörper, bewege deinen Kopf in alle Richtungen – und lass dabei komplett los. 

Bleib solange in der Asana, wie es dir gut tut und komm dann langsam nach oben.


Hier zeigt dir Wanda Badwal die Ausführung der Schulterbrücke:


5. Kindhaltung – Balasana

Zum Abschluss darfst du nun einige Minuten im Kind entspannen. Balasana dehnt nicht nur deinen Rücken, sondern regt auch den Blutfluss an und wirkt stark beruhigend – so bringt dich die Kindhaltung noch mal ganz in Kontakt mit dir. Besonders entspannend wirkt die Asana auf den Frontallappen des Gehirns, was bei akuten Kopfschmerzen optimal ist. 


In diesem Video führt dich Anna Trökes durch die Kindhaltung:


Solltest du jetzt immer noch Kopfschmerzen haben, hilft nur unsere Geheimwaffe: Isabel Djukanovics fantastische Selbstmassage bei Kieferverspannungen und Kopfschmerzen!


Hinweis: Wenn du dir unsicher bist, unter welcher Form der Kopfschmerzen zu leidest, oder wenn deine Kopfschmerzen häufiger auftreten, raten wir dir, ärztlichen Rat einzuholen. Yoga ersetzt keine Therapie, kann aber ergänzend sehr hilfreich sein. 


Quellen:

Katharina Goßmann
Katharina Goßmann

Katharina ist Mutter, Yogalehrerin und Psychologin. Bei YogaEasy ist sie das Herz der Redaktion und schreibt über Yoga, wahres Glück und Heilung. Ihre Artikel werden unter anderem im „Yoga Journal” und in der „Happy Way” veröffentlicht.

Katharina Maurer
Katharina Maurer

Katharina Maurer ist Yogalehrerin und Videojournalistin. Viel unterwegs, schnell von Begriff und tüchtig in der Umsetzung ist Katharina Maurer aber auch gerne: still, konzentriert und einfühlsam. Geboren 1981 in Böblingen besuchte sie die Waldorfschule in Münster und später die Medienakademie in Hamburg. Sie kann also mit der Kamera umgehen, TV-Beiträge realisieren, Yoga unterrichten und... ihren Namen tanzen.

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