Yoga & Sex: Warum Yogi:nis mehr Spaß im Bett haben

Von Katharina Goßmann

Beim Thema Yoga und Sex gehen die Meinungen auseinander. Die einen finden, dass fleischliche Belange beim Yoga nichts zu suchen haben. Denn traditionell geht es beim Yoga um spirituelle Entwicklung mit dem Ziel der Erleuchtung. Konkret: um die Befreiung von allen irdischen Belangen. Und damit definitiv nicht um das irdischste aller Verlangen. Ja, Brahmacharya, das vierte der fünf Yamas nach Patanjali, wird sogar von manchem als „Enthaltsamkeit” interpretiert.

Dabei haben Sexualität und Yoga eine Menge miteinander gemeinsam. Die Sanskrit-Silbe „yug“ bedeutet verbinden. Im Yoga verbinden wir uns mit einer Macht, die größer ist als wir selbst. Auch in der Sexualität fühlen wir uns dann am besten, wenn wir die andere Person spüren können, uns verlieren können, wenn es, nun ja, eine Verschmelzung gibt. Und dann gibt es ja noch den roten Tantra Yoga, der die sexuelle Vereinigung als spirituell erhebenden Akt nutzt.

Tatsächlich denken in unserer modernen Gesellschaft beim Stichwort Yoga viele nur an überflexible Schönheiten in engen Lycra-Outfits, die gern ihren knackigen Körper bei akrobatisch anmutenden Verrenkungen präsentieren – und damit nicht nur Neid erregen.

Die Wahrheit liegt (wie immer) irgendwo in der Mitte. Die meisten Yoga-Praktizierenden sind weder Mönche noch Models und gehen zum Yoga, weil es ihnen einfach guttut. Denn die jahrhundertealten subtilen Yoga-Methoden vereinen sich bei regelmäßiger Anwendung zu einem ungemein wirkungsvollen Ganzen. Das allerdings kann einiges für unser Liebesleben tun!


Liebes-Yogaprogramm


Sex und Yoga-Anatomie

Wer sich mit Yoga-Anatomie beschäftigt, weiß, dass Sexualität Sache des Sakralchakras Svadhisthana Chakra ist, des zweiten Energiezentrums. Es ist zwei Fingerbreit unterhalb des Nabels zu finden.

Für unsere Sexualität spielt aber auch das am unteren Ende des Steißbeins gelegene Wurzelchakra Muladhara Chakra eine Rolle. Es steht für Sicherheit und Urvertrauen. Wenn es im Lot ist, fühlen wir uns sicher genug, unsere Gefühle und Wünsche zu äußern. Daran muss man nicht glauben. Dass die Wahrscheinlichkeit einer erfüllenden Sexualität steigt, wenn wir uns ohne Angst vor Demütigung oder Spott öffnen und hingeben können ist, können aber wohl alle nachvollziehen.

Yoga für besseren Sex: Stress adé

Es gibt kaum einen schlimmeren Lustkiller als Stress. Gestresste Menschen fühlen sich abgehetzt (und sehen auch so aus), werfen beim Abendessen dem Partner oder der Partnerin vor, dass er oder sie nicht an neue Milch gedacht hat und kriechen dann völlig fertig ins Bett, während sie frustriert an all die unerledigten Punkte ihrer To-do-Liste denken. Im Duell „Stress gegen Romantik“ hat die Romantik kaum eine Chance.

Stress entsteht aber nicht durch die Menge an Anforderungen, denen wir täglich gegenüber stehen. Vielmehr empfinden wir Stress, wenn wir uns unseren Aufgaben nicht mehr gewachsen fühlen – wenn uns die Energie ausgeht, wenn wir nicht mehr das große Ganze, sondern nur mehr das alltägliche Klein-Klein sehen, wenn das Leben uns lebt.

Yoga wirkt Stress auf vielfältige Art entgegen: Die Körperhaltungen beim Yoga bauen Spannungen ab, die durch Stressreaktionen entstanden sind. Die tiefe Atmung beruhigt durch eine Aktivierung des Parasympathikus das Nervensystem. Meditationen und der Fokus auf den Einklang von Bewegung und Atem verhelfen dem gestressten Geist zu einer Pause und bringen das Gedankenkarussell (wenigstens vorübergehend) zum Stillstand. Wer sich nach einer Yogastunde aus einer wunderschönen Schlussentspannung hochräkelt, sieht wieder klar, fühlt sich Aufgaben gewachsen, fühlt sich wohl im eigenen Körper. Und plötzlich stehen die Chancen auf einen romantischen Abend gar nicht mehr so schlecht.


+++ Noch mehr darüber, wie Yoga bei Stress hilft, erfährst du in diesem Artikel: „Stress: Auslöser, Folgen und wie Yoga hilft” +++ 


Fitter und beweglicher durch Yoga

Sex ist definitiv keine Turnübung. Wenn aber Nacken und Schultern dauerverspannt sind, der Rücken schmerzt, die Hüfte bei der kleinsten Bewegung knackt und schon beim leidenschaftlichen Küssen die Luft ausgeht, dann fördert das nicht die Freude an der Zweisamkeit. Ein schmerzfreier, fitter Körper mag keine Voraussetzung für leidenschaftliche Liebe sein, aber er ebnet durchaus den Weg.

Regelmäßiges Yoga verbessert nicht nur die allgemeine Fitness und hilft erwiesenermaßen bei Rückenschmerzen und Verspannungen. Yoga sorgt auch dank vieler Dehnungsübungen für mehr Beweglichkeit im ganzen Körper – vor allem die Hüftöffner sind hier interessant. Und Männer, die regelmäßig Mula Bandha aktivieren, also die Muskeln zwischen Anus und Genitalien kontrollieren lernen, können (hartnäckigen Gerüchten zufolge) deutlich länger Spaß im Schlafzimmer haben. Auch Frauen profitieren von Mula Bandha und anderen beckenbodenstärkenden Übungen: Ein trainierter Beckenboden kann bewusst eingesetzt werden und erhöht die Intensität der Gefühle.

Wir alle freuen uns, wenn der Blick in den Spiegel einen gesunden, entspannten Menschen voller Energie zeigt. Wer anfängt, regelmäßig Yoga zu üben, wird sich schnell über äußerliche Veränderungen freuen können. Denn Yoga fördert nicht nur die Durchblutung (speziell durch Umkehrhaltungen), die unter anderem graue Haare verhindern kann und in jedem Fall für rote Wangen sorgt.

Yoga entgiftet auch – zum einen durch die tiefe Atmung und spezielle Atemübungen, zum anderen durch Drehhaltungen und verschlungene Haltungen wie den Adler.

Zudem sorgt Yoga durch Stärkung der Rücken- und Bauchmuskulatur und die Dehnung verspannter Muskelpartien für eine aufrechte Körperhaltung und entspannte Bewegungen. Viele Yoga-Praktizierende berichten auch, dass sie sich gesünder ernähren, seit sie Yoga machen, und dadurch abgenommen haben.

Und wer aufrechter und entspannter durchs Leben geht, endlich die überflüssigen Pfunde los wird und sich voller Energie fühlt, fühlt sich nicht nur attraktiver, sondern ist es auch.

Ein besseres Körpergefühl für besseren Sex

Yoga ist so eine Art Reiseführer für den Körper. Auch denn du den eigenen Körper bisher als praktisches Nutzobjekt gesehen hast und ihm nie viel Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt hast, wirst du ihn durch eine regelmäßige Yoga-Praxis Schritt für Schritt erkunden und im Laufe der Zeit besser kennenlernen. Du wirst Muskeln spüren, von deren Existenz du nichts wusstest, du wirst unbewusste Verspannungen entdecken, vielleicht sogar jeden Zeh einzeln fühlen und bewegen können!

Der Körper ist ein wichtiges Instrument, um sinnliche Freude zu erfahren. Wenn du deinen Körper spüren kannst, dich in deine Empfindungen versenken kannst, wenn du weißt, was dein Körper mag und was nicht – dann kannst du auch beim Zusammensein mit einem anderen Menschen deinen eigenen Körper viel mehr genießen. Und nicht nur das: Wenn du deinem Körper gegenüber sensibel bist und seine Signale erkennst, kannst du dich wahrscheinlich auch in den Körper deines Gegenübers besser einfühlen. Die ideale Voraussetzung für wunderbare Stunden in der Horizontale.

Yoga für mehr Selbstakzeptanz und Vertrauen

Yoga hat häufig einen erstaunlichen Nebeneffekt – Yoga-Praktizierende beginnen, sich selbst mehr zu mögen. Vielleicht liegt es daran, dass sie beim Yoga in ständigem Kontakt mit ihrem Körper sind – den sie eigentlich nie besonders mochten und an dem sie ständig etwas auszusetzen hatten, mit dem sie aber irgendwann Frieden geschlossen haben, weil er so ein guter Freund geworden ist. Oder vielleicht ist es die Tatsache, dass Yogalehrer:innen immer wieder darauf hinweisen, dass es wichtiger ist, sich selbst zu spüren, als sich mit anderen zu vergleichen. Möglichweise ist es auch die yogische Idee, dass jeder Mensch schon perfekt ist, so wie er ist, die nach einer Weile für mehr Selbstliebe sorgt.


+++ Wie Yoga dir zu mehr Selbstliebe verhilft, erfährst du in diesem Artikel: „Yoga macht schön: Mit Yoga zur Selbstliebe” +++


Jedenfalls sind Menschen, die sich und ihren Körper mögen, auch im Bett glücklicher als solche, die sich nicht mögen. Schließlich müssen sie die vermeintliche Cellulite, den zu kleinen Busen, den zu dicken Bauch nicht verstecken. Müssen sich nicht schämen für ihre Bedürfnisse, ihr Verlangen, ihre Wünsche. Wenn du dich wirklich magst und akzeptierst, wie du bist, kannst du dich auch in intimen Situationen besser entspannen und fallen lassen. Du kannst darauf vertrauen, dass du angenommen wirst, dich öffnen und hingeben. Du kannst dich lieben lassen, und lieben. Und das ist sicher die wichtigste Voraussetzung für wahre Leidenschaft.

Katharina Goßmann
Katharina Goßmann

Katharina ist Mutter, Yogalehrerin und Psychologin. Bei YogaEasy ist sie das Herz der Redaktion und schreibt über Yoga, wahres Glück und Heilung. Ihre Artikel werden unter anderem im „Yoga Journal” und in der „Happy Way” veröffentlicht.