
Wie Yoga bei Rückenschmerzen hilft
Volkskrankheit „Rücken”
Der Rücken ist ein komplexes Zusammenspiel aus Muskeln, Faszien, Knochen, Bändern, Blutbahnen, Bandscheiben und Nervensträngen. Etwa 25 Muskelverbände müssen zusammenarbeiten, damit unser Rücken seine Aufgaben erfüllen kann. Leider schafft er das bei immer weniger Menschen schmerzfrei. Von lästigen Verspannungen über Hexenschuss bis zur Skoliose und zum Bandscheibenvorfall – wir alle kennen Menschen, die mit Rückenbeschwerden kämpfen.
Oder sind selbst betroffen. Statistisch gesehen leiden rund 80 Prozent aller Deutschen einmal in ihrem Leben mindestens kurzfristig unter starken Rückenproblemen, viele davon haben längerfristige oder sogar chronische Schmerzen. Laut der Techniker Krankenkasse geht etwa jeder zehnte Fehltag auf Rückenschmerzen zurück. Wirtschaftlich gesehen entsteht dadurch ein Milliarden-Schaden. Dabei sind Menschen in Handwerks- oder Dienstleistungsberufen besonders häufig betroffen.
Wie hängen Rückenschmerzen und Psyche zusammen?
Rückenschmerzen sind stark mit unserer Psyche vernetzt: Bei 90 Prozent der Rückenschmerzen lässt sich – abgesehen von schwacher Rückenmuskulatur – keine klare Ursache finden. Stress und depressive Verstimmungen treten aber erwiesenermaßen häufig im Zusammenhang mit Rückenschmerzen auf. Vielleicht haben diese Menschen „schwer zu tragen” – und die psychische Belastung äußert sich dann im Rücken. Dass Körper und Psyche eine untrennbare Einheit sind, versteht mittlerweile auch die moderne westliche Medizin. Auch wenn die eigentlich daraus logisch abzuleitenden Konsequenzen, nämlich die ganzheitliche Sicht auf die Betroffenenen und eine entsprechende Behandlung der tatsächlichen Ursachen von Rückenschmerzen, noch auf sich warten lassen.
Rückenschmerzen werden aber nicht nur durch psychische Belastungen ausgelöst, sondern wirken in einer unheilvollen Wechselwirkung wiederum belastend auf die Psyche: Alejandro Salzar et al. haben in einer Studie mit 1.006 Teilnehmer:innen herausgefunden, dass chronische Schmerzen des Muskel-Skelett-Systems, also vor allem chronische Rückenschmerzen, zu Stimmungsschwankungen oder sogar Depressionen und Schlafstörungen führen können.
Wie kann Yoga bei Beschwerden im Rücken helfen?
Die Hauptursachen von Rückenschmerzen sind sowohl die Fehl- und Überbelastung des Rückens und zu wenig Bewegung als auch psychische Faktoren wie Stress. Yoga ist eine wunderbare Bewegungsform für Rückenleidende: Yoga fördert die Gesundheit mit seinem ganzheitlichen Ansatz nicht nur auf körperlicher Ebenen über sanfte Kräftigung, Mobilisierung und Dehnung des Rückens durch achtsame Bewegung. Sondern Yoga fördert den Stressabbau auf psychischer Ebene durch Entspannungselemente, Meditationen, Atemübungen etc. Und das Beste: Yoga hilft nicht erst, wenn der Schmerz bereits da ist, sondern kann helfen, Rückenschmerzen auf allen Ebenen bereits vorzubeugen.
Das moderne Leben: Stress, zu wenig Bewegung und einseitige Tätigkeiten
Das moderne Leben kann eine Herausforderung für die Psyche sein: Während uns die Klimakrise, Kriege und Pandemien bedrohen, überschlägt sich die technische Entwicklung und die Berufswelt verändert sich immer schneller. Parallel zum Siegeszug der Dating-Apps und Social-Media-Vernetzung steigen die Scheidungsrate und die Quote der Menschen, die unter Einsamkeit leiden.
Aber die Stressoren kommen nicht nur von außen. Dank der Tatsache, dass wir uns jederzeit mit allen Menschen weltweit vergleichen können, setzen sich viele von uns selbst unter massiven Druck: Die perfekte Karriere soll es sein, dazu der perfekte Partner, die perfekten Kinder, das perfekte Zuhause, und natürlich müssen wir ein wahnsinnig aktives soziales und kulturelles Leben haben und dabei toll aussehen.
Zudem sind viele Menschen durch ihren Job gezwungen, ihren Körper konsequent und langfristig einer Fehlbelastung auszusetzen – Dauersitzen im Büro, schweres Heben auf dem Bau, stundenlanges Stehen im Salon. Dazu kommt noch das zunehmende Problem Übergewicht.
Und: Der moderne Mensch bewegt sich zu wenig. Wir fahren zur Arbeit, arbeiten im Sitzen und sitzen dann abends noch ein bisschen mehr, vorm TV oder im Restaurant. Das hat viele unangenehme körperliche und psychische Konsequenzen, unter anderem für unseren Rücken.
Ein junger Rücken kann solche Belastungen kompensieren. Mit steigendem Alter allerdings lassen sich die Probleme nicht mehr leugnen. Sei es, dass die Verspannungen oder Schmerzen im Rücken langsam stärker werden (und auch die Schmerztabletten nicht mehr helfen), sei es, dass eine Bandscheibe den Geist aufgibt.
Denn auf Dauer sorgen diese Belastungen dafür, dass unsere Muskeln immer schwächer werden, sodass Fehlhaltungen entstehen, die wiederum zu Verspannungen und Versteifungen führen. Laut Techniker Krankenkasse „ist eine zu schwache Rumpfmuskulatur häufiger der Grund für Rückenschmerzen als Bandscheibenvorfälle oder Abnutzungserscheinungen von Knochen und Gelenken. Umgekehrt sind gut ausgebildete Rücken- und Bauchmuskeln der beste Schutz vor Rückenbeschwerden.“
Und da schließt sich der Teufelskreis: Denn viele Menschen bewegen sich in diesem Stadium noch weniger, um Schmerzen zu vermeiden. Dabei ist für die meisten Rückenbeschwerden – sanfte und achtsame, aber regelmäßige! – Bewegung das wichtigste Heilmittel.
Vorteile von Yoga bei Rückenschmerzen
Aber auch, wenn die Rückenschmerzen schon da sind, ist es noch nicht zu spät. Schließlich gibt es Yoga. Das eignet sich nicht nur als universelle Präventivmaßnahme und Rundum-Gegenmittel für so gut wie jede Ursache von Rückenschmerzen, sondern hat für Rückenleidende gegenüber anderen Sportarten auch noch etliche Vorteile:
- Egal, wie alt, dick oder unbeweglich du bist, Yoga kann jeder Mensch machen. Das gilt für kaum eine andere Sportart (außer man zählt Spazierengehen zu den Sportarten).
- Yoga baut entgegen aller Gerüchte sehr effektiv Muskeln auf, belastet aber – korrekt ausgeführt – den Rücken nicht (im Gegensatz zu Joggen, Ballsportarten etc.). Durch eine starke Muskulatur werden die Haltung und der Gang wieder natürlicher, was zu weniger Erschütterungen im gesamten Skelett führt.
- In jeder guten Yogastunde wird die Wirbelsäule in alle acht möglichen Richtungen bewegt und damit die Flexibilität der Wirbelsäule erhalten oder wiederhergestellt.
- Durch die vielfältigen Dehnungsübungen im Yoga werden nicht nur Verspannungen abgebaut, sondern auch Fehlhaltungen ausgeglichen. Im Laufe der Zeit findet der Körper wieder zu einer natürlichen, symmetrischen Körperhaltung zurück. Und auch die Faszien (s.u.) profitieren!
- Wer stark unter Rückenschmerzen leidet, profitiert massiv von den Enstspannungsmethoden und der Meditation im Yoga – sogar wenn sich die Rückenschmerzen durch das Yoga nicht verbessern. Das subjektive Schmerzempfinden verbessert sich nämlich bei Menschen, die meditieren und Entspannungsmethoden wie Autogenes Training, Traumreisen etc. praktizieren.
- Durch die Asanas, die Auflösung von muskulären Verspannungen, durch Entspannungsübungen wie Shavasana und die tiefe Atmung beim Yoga verbessert sich die Durchblutung des gesamten Körpers und damit auch des Rückens – was wiederum für weniger Verspannungen, eine verbesserte Heilung von muskulären Verletzungen und mehr Beweglichkeit sorgt.
- Die Bewegung, Entspannungsübungen, ausgleichenden Atemübungen und meditativen Einheiten beim Yoga bauen effektiv Stress ab, unter dem Rückenpatient:innen häufig stark leiden.
- Depressive Verstimmungen können sich durch Yoga verbessern. Allein das Gefühl, nicht mehr hilflos zu sein, sondern aktiv etwas gegen die Schmerzen tun zu können, hilft schon vielen Rückenpatient:innen.
- Zudem sorgt Yoga durch die Kombination von achtsamer Bewegung, aktivierender Atmung und Entspannung dafür, dass die Energie (Prana) wieder zum Fließen kommt – viele Yoga-Übende sind nach der Stunde regelrecht high, fühlen sich voller Energie und sehen die Welt in einem viel positiverem Licht als zuvor.
- Yoga schult die Körperwahrnehmung. Beim Yoga wird viel Wert darauf gelegt, den Körper (wertfrei) wahrzunehmen. Dadurch kommen viele Menschen wieder in Kontakt mit ihrem Körper und dessen Bedürfnissen. Das kann auf lange Sicht zu einem liebevolleren Umgang mit dem Körper und damit zu einer Linderung von Rückenproblemen führen.
- Im Yoga dürfen alle so sein, wie sie sind. Es muss nichts geleistet werden, stattdessen geht es darum, sich etwas Gutes zu tun. Vielleicht helfen diese, möglicherweise gänzlich neuen Gedanken manchen Rückenkranken dabei, mehr auf sich zu achten und das eigene Leben wohltuender für sich – und damit auch für den Rücken – zu gestalten.
Spezialfall: Faszien-Yoga für den Rücken
Seit einiger Zeit sind Faszien in aller Munde. Dieses Bindegewebe, das im Körper so gut wie alle Weichteile umschließt, wurde früher als unwichtig abgetan. Mittlerweile ist es aber erwiesen, dass das Faszien-Gewebe für etliche Krankheitsbilder mitverantwortlich ist, weil es bei zu wenig Bewegung, bei Fehlhaltungen und Verletzungen, aber auch bei innerlichen Verspannungen (die sich ja oft im Körper manifestieren) verhärten und verfilzen kann. Es ist möglich, dass viele Rückenprobleme, für die bisher keine Ursache gefunden werden konnte, von verfilzten Faszien herrühren.
Die gute Nachricht: So gut wie jede Yoga-Praxis wirkt positiv auf die Faszien, da im Yoga viel gedehnt, gelockert und an der (inneren wie äußeren) Beweglichkeit gearbeitet wird. Es haben sich aber auch einige Yogalehrende auf das Thema Faszien spezialisiert – bei YogaEasy.de sind das Dr. Ronald Steiner, Christiane Wolff und Lucia Nirmala Schmidt. Die speziellen Faszien-Yogastunden wirken sehr intensiv auf die Faszien, was durchaus herausfordernd sein kann. Wer durchhält, wird allerdings mit einem völlig neuen Körpergefühl belohnt. Hier erfährst du mehr über Faszien-Yoga.
In diesem Video von Dr. Ronald Steiner erfährst du, was Faszien alles können und worauf du achten musst, wenn du mit ihnen arbeitest:
[[yogavideo https://www.yogaeasy.de/videos/yogatalk-faszien]]
Welche Asanas helfen besonders gut bei Rückenproblemen?
Aufgrund des komplexen Zusammenspiels yogischer Techniken macht es wenig Sinn, bei Rückenproblemen einzelne Yoga-Haltungen zu üben. Natürlich helfen den meisten Betroffenen rücken- und bauchmuskelstärkende Übungen, weil Rückenprobleme häufig mit einer geschwächten Muskulatur einhergehen. Viel effektiver aber ist es, wenn diese Haltungen im Rahmen einer Yogastunde geübt werden, die all die oben angesprochenen Elemente enthält und durch die sich das volle Spektrum heilsamer Wirkungen entfalten kann.
Was Rückenleidende beim Yoga beachten müssen
Falsch ausgeführt kann Yoga schädlich für den Rücken sein, besonders wenn du chronische oder akute Rückenprobleme hast. Deshalb musst du unbedingt vorher ärztlichen Rat einholen und abklären, ob Yoga für dich geeignet ist bzw. welche Bewegungen du nicht ausführen darfst.
Bei akuten und schweren Rückenproblemen (Bandscheibenvorfall etc.) wirst du zunächst gar kein Yoga machen dürfen. Sanfte, achtsame Bewegung ist aber bei fast allen Rückenproblemen empfehlenswert. Sobald du dich aufgrund von Schmerzen oder Verspannungen gar nicht mehr bewegst, verfestigen sich die Verspannungen, du verfällst in belastende Schonhaltungen und die Muskulatur wird noch schwächer – was die Rückenprobleme verstärken kann. Vielleicht hältst du dich in dieser Phase mit Physiotherapie und Spazierengehen in Bewegung.
Wenn dein Arzt oder deine Ärztin dir dann die Freigabe gegeben hat Yoga zu üben, solltest du dir erst mal kompetente Lehrer:innen bzw. den passenden Yoga-(Rücken-)Kurs suchen.
Yogatherapie für den Rücken
Vor allem bei gravierenden Rückenproblemen bzw. wenn du schon lange mit Rückenschmerzen zu kämpfen hast, empfiehlt es sich zunächst mit Yogatherapeut:innen zu arbeiten. Sie sind mit den verschiedensten Krankheitsbildern vertraut und erarbeiten für dich ein individuelles, ganzheitliches Übungsprogramm. Yogatherapeut:innen wie unser Anatomie-Experte Dr. Ronald Steiner haben häufig einen Background in Medizin, Physiotherapie oder Psychologie.
In diesem Video zeigt dir Dr. Ronald Steiner eine kurze, ruhige Yogatherapie-Sequenz für den Rücken. Der Fokus liegt dabei auf der Entlastung des Rückens und der Entspannung in den jeweiligen Asanas. Mit Twists lockerst du besonders den unteren Rücken.
[[yogavideo https://www.yogaeasy.de/videos/yogatherapie-schnelle-hilfe-fuer-den-ruecken]]
Rücken-Yogakurse
Alternativ gibt es spezielle Rücken-Yogakurse: Der Stundenaufbau ist auf die Bedürfnisse von Rückenleidenden abgestimmt mit dem Fokus auf Entspannung, Mobilisierung der Wirbelsäule und Stärkung der Bauch- und Rückenmuskulatur. Zudem kann es heilsam sein, sich mit Gleichgesinnten zu treffen – nicht umsonst heißt es: „Geteiltes Leid ist halbes Leid“.
Eine kompetente Kursleitung sollte eine entsprechende Fortbildung oder Qualifikation vorweisen können, dir spontan Alternativen zu einer für dich ungeeigneten Übung aufzeigen und Fragen zum Thema Rücken beantworten können.
Privatstunden und geschlossene Kurse
Falls es weder Yogatherapie-Angebote noch spezielle Rücken-Yogakurse in deiner Gegend gibt, empfehlen wir dir, auf die Suche nach einem Lehrer oder einer Lehrerin zu gehen, der oder die sich ganz auf deine individuellen Bedürfnisse einstellt. Achte dabei darauf, dass diese Person dir kompetent und erfahren vorkommt und bereit ist, auf deine Beschwerden einzugehen bzw. sich dazu zu informieren. Am Besten buchst du Privatstunden, oder du erkundigst dich, ob sie einen geschlossenen Yoga-Kurs für Angänger:innen anbietet, bei dem die Stunden auf einander aufbauen und immer die gleichen Leute mitmachen.
Welche Yogastile sind bei Rückenproblemen geeignet?
Grundsätzlich ist das Wichtigste, das du dich bei dem Lehrer, deiner Lehrerin oder dem Yoga-Studio gut aufgehoben fühlst und den Eindruck hast, dass du kompetent und engagiert betreut wirst. Gerade wenn du aktuell keine innige Verbindung mit deinem Körper hast und noch nicht achtsam auf dessen Bedürfnisse eingehen kannst, macht es Sinn, Yogastile zu üben, bei denen jede Haltung achtsam einzeln eingenommen wird und der Fokus stark auf einer korrekten Ausrichtung liegt, also zum Beispiel Iyengar und Anusara Yoga. Im Gegensatz dazu gehen bei dynamischen Yogastilen wie Power, Ashtanga oder Jivamukti Yoga die Yoga-Positionen fließend ineinander über und das teilweise in raschem Tempo. Das Risiko, Rückenprobleme zu verschlimmern bzw. sich zu verletzen, ist hier deutlich höher. Also, Finger weg!
Für alle gilt: Lest unbedingt unsere allgemeinen Tipps für rückenfreundliches Üben! So vermeidet ihr, dass ihr euren Rücken beim Yoga unnötig belastet.
Wenn die Rückenschmerzen abklingen...
Wenn du dich dann wieder fit fühlst, deine Rückenprobleme kaum mehr zu spüren sind – dann mache bitte nicht den Fehler, mit dem Yoga aufzuhören! Jeder Rücken, vor allem aber derjenige, der schon mit Problemen zu kämpfen hatte, braucht Bewegung. Und Yoga ist die optimale Sportart, um deinen Rücken stark und gesund zu halten. Ganz ehrlich: Yoga hat nicht nur deinem Rücken gut getan – also bleib jetzt dabei!
Du musst ja nicht mehr zum Rückenyoga gehen, wenn dir das keinen Spaß macht. Guck dich um, vielleicht findest du ja in deinem oder einem anderen Yoga-Studio einen tollen Kurs oder einen Stil, den du super findest. Probiere gerne ein bisschen herum, bis du deine:n Lieblingslehrer:in, deinen Lieblingsstil, deine perfekte Zeit oder Art zu üben gefunden hast!
Weitere Tipps bei Rückenschmerzen
Neben Yoga gibt es noch einige Tipps und Tricks, wie du besser mit deinen Rückenschmerzen umgehen kannst:
Reagiere bitte sofort auf Rückenschmerzen, damit sie nicht chronisch werden! Zu oft machen wir einfach weiter wie bisher, solange Beschwerden nicht völlig unerträglich sind. Nimm die Signale deines Körpers bitte ernst und analysiere gleich beim Auftreten leichter Beschwerden, welche Nachricht dir dein Körper gerade schickt. „Mach mal ein bisschen langsamer!” könnte das sein, „Du brauchst eine Pause!” oder auch „Du musst nicht immer alles alleine schaffen!”.
Und auch wenn deine Schmerzen schnell akut werden: Bitte nicht gleich operieren lassen oder heftige Medikamente nehmen! Informiere dich ausführlich in der Fachliteratur und probiere erst mal andere, weniger invasive Methoden und sieh dann, wie sich deine Beschwerden entwickeln, bevor du solche massiven Schritte überlegst. Konsultiere unbedingt auch verschiedene Spezialist:innen (von Orthopädie über Psychologie bis Ostheopathie) und hole verschiedene Meinungen ein. Die Ursachen von Rückenschmerzen sind häufig extrem schwierig auszumachen, da das Zusammenspiel der beteiligten Muskeln, Faszien etc. sehr komplex ist. In vielen Fällen etwa gibt es auffällige Veränderungen an der Wirbelsäule, die aber gar nichts mit den Schmerzen zu tun haben müssen. Deshalb sind bildgebende Verfahren wie Computertomographie oder Kernspinaufnahmen meistens nicht notwendig oder sogar kontraindiziert – denn Ärzt:innen haben beobachtet, dass Rückenschmerzen eher chronisch werden, wenn die Betroffenen in Form eines Bildes/einer Aufnahme den „Beweis“ für eine körperliche Ursache für die Rückenschmerzen haben – auch wenn die abgebildete Veränderung an der Wirbelsäule oder der Bandscheibe gar nicht die wirkliche Ursache für die Beschwerden sind. Im schlimmsten Fall bestehen diese Patient:innen dann auf eine Operation, sie beseitigt aber gar nicht die Ursache und würde im schlimmsten Fall für neue Probleme sorgen (Failed Back Surgery Syndrome).
Gerade, wenn du immer wieder oder schon mit chronischem Beschweren kämpfst, solltest du dein Leben analysieren. Wenn du in dich gehst, kannst du wahrscheinlich Anhaltspunkte finden, wie du deine Rückenbeschwerden (wenigstens) lindern kannst, ohne große Kosten oder Eingriffe:
- Machst du Sport? Wenn ja, wie rückenfreundlich ist der? Bei Squash und Joggen etwa wirken starke Kräfte auf die Wirbelsäule (wie auch auf Knie etc.) – also bitte bleibenlassen!
- Knirschst du mit den Zähnen und brauchst vielleicht eine Beißschiene für die Nacht? Verspannungen des Kiefers können zu Nacken und Schulter-Verspannungen und daie wiederum zu Verspannungen und Fehlhaltungen im Rücken führen.
- Hast du schon mal darüber nachgedacht, eine neue Matratze zu kaufen? Gehe in ein gutes Fachgeschäft und lasse dich ausführlich beraten.
- Wie ist deine Körperhaltung? Hast du Asymmetrien in deinem Körper? Wenn dein Körper eine schlechte Körperhaltung ausgleichen muss, oder sogar ein schiefes Becken, ein verkürztes Bein oder eine verkrümmte Wirbelsäule, sind die Schmerzen im einseitig belasteten Rücken vorprogrammiert. Ein:e Orthopäd:in kann hier mit ausgleichenden Einlagen u.ä. weiterhelfen.
- Welche Schuhe trägst du? Wer nur minderwertiges oder hochhackiges Schuhwerk trägt, muss damit rechnen, dass es (vor allem bei schwacher Fußmuskulatur) zu Fehlbelastungen bzw. Verkürzungen der Beinmuskulatur kommt, was dann wiederum das fein abgestimmte Rückensystem aus der Balance bringt.
- Wie rückenfreundlich ist deine Arbeitssituation? Wer körperlich arbeitet, sei es in der Pflege, auf dem Bau oder im Friseursalon, ist oft einseitigen Belastungen ausgesetzt. Eine Analyse der Arbeitsvorgänge kann helfen, entweder die Belastung zu reduzieren, oder zu erkennen, welche ausgleichenden Bewegungen dein Rücken braucht, um gesund zu bleiben. Wer dagegen sitzend arbeitet, sollte als Ausgleich unbedingt rückenfreundlichen Sport machen bzw. für viel Bewegung sorgen (Spazierengehen, Schwimmen etc.).
- Hast du Stress? Wer ständig unter Strom steht, auf wem großer Druck lastet, der verspannt innerlich wie äußerlich. Vor allem der Rücken leidet als komplexes Muskelsystem im Zentrum des Körpers.
- Gibt es etwas, das dich bedrückt, beschwert, verkrümmt? Psychosomatik spielt gerade bei Rückenerkrankungen eine große Rolle. Wie schon erwähnt: Dein Körper versucht dir mit den Rückenschmerzen vielleicht etwas über dein Inneres, dein Leben, deine Beziehung, deinen Job zu sagen – wenn du die Rückenschmerzen loswerden willst, hör ihm zu!
Quellen:
- Alejandro Salazar, BSc(Math), María Dueñas, BSc(Math), Juan Antonio Mico, MD PhD, Begoña Ojeda, (BSc Psychol), Luis Agüera-Ortiz, MD PhD, Jorge A. Cervilla, MD PhD, Inmaculada Failde, MD PhD, Undiagnosed Mood Disorders and Sleep Disturbances in Primary Care Patients with Chronic Musculoskeletal Pain, Pain Medicine, Volume 14, Issue 9, September 2013, Pages 1416–1425
- Hildebrandt, J. (2002): B2 Rücken- und Halswirbelsäulenschmerzen. Aus: Das Schmerz Therapie Buch - medikamentös, interventionell, psychologisch. Hrsg: Diener, H.Ch.; Maier, Ch. Verlag Urban und Fischer, S.68-89
- Wake Forest University Baptist Medical Center (September 2018): 'Mindful people' feel less pain; MRI imaging pinpoints supporting brain activity
- Orhurhu VJ, Chu R, Gill J. Failed Back Surgery Syndrome. [Updated 2022 May 8]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK539777/