
Yoga-Arten: Die wichtigsten Yogastile im Überblick
„Yoga ist nichts für mich!” Den Satz hast du bestimmt schon mal gehört, oder nach einer Probestunde sogar selbst gesagt. Nun stell dir vor, du ziehst das erste Mal in deinem Leben eine Hose an. Die ist zu eng und hat einen Schnitt, der nicht zu deinem Körper passt. Wenn du jetzt zu deinem Spiegelbild sagst: „Hosen stehen mir nicht, ich werde keine weitere anprobieren und nur noch Röcke tragen.”, ist das wahrscheinlich etwas voreilig. Genau so ist es auch mit Yoga. Wahrscheinlich wirst du nicht in der ersten Yogastunde genau die Yoga-Art erwischen, der zu dir passt.
Um die Chancen zu erhöhen, dass du nicht allzu lange suchen musst nach deinem Traum-Yoga, stellen wir dir in diesem Artikel die wichtigsten Yoga-Arten vor. Und geben dir ein paar Tipps, auf was du bei deinen ersten Ausflügen in die Welt des Yoga achten solltest.
Yogalehrende: Die Chemie entscheidet
Bevor wir uns den Yoga-Arten zuwenden, noch ein Hinweis: Entscheidender als der Yogastil ist, dass die Chemie mit dem Yogalehrenden stimmt. Du solltest das Gefühl haben, ihm oder ihr völlig vertrauen zu können. Du musst Wohlwollen und Kompetenz spüren, um dich sicher zu fühlen, wenn du dich mit ihnen auf die Yogareise begibst. Man wandert ja auch nicht mit einem Bergführer, dem man nicht vertraut.
Ob ein Lehrer bzw. eine Lehrerin oder eine Yoga-Art zu dir passen, zeigt erst die Zeit. Du solltest dich mindestens drei- bis viermal auf den Unterricht einlassen, denn möglicherweise ist das Angebot eigentlich perfekt für dich, entspricht aber beim ersten Versuch vielleicht nicht deiner Tagesform. Yoga braucht auch immer ein paar Stunden, um seine Wirkungen voll zu entfalten. Was dir guttut, weißt du also nicht direkt nach dem Kurs.
Dein Temperament und die passende Yoga-Art
Bedenke bei deiner Yogastil-Wahl: Gut tut, was fordert. Wenn du dich gern viel und schnell bewegst, wirst du dein Potenzial nicht entfalten können, indem du einen besonders dynamischen Stil auswählt. Geeignet ist eher die energetische Ergänzung zum eigenen Temperament, etwa Yin Yoga oder Long, Slow, Deep-Stunden, in denen die Positionen lang gehalten werden. Das Schnelle, Dynamische kennt dein Gehirn ja schon. Erst wenn du dich mit dem konfrontierst, was du weniger gut kannst, kannst du wachsen, hier liegt die Herausforderung. Um deine Fähigkeiten voll auszuschöpfen, solltest du deine unbekannten Facetten entdecken und entwickeln. Wage das Neue, das Ungewohnte – und lass dich überraschen!
Die verschiedenen Yogastile im Überblick
Eine Übersicht über Yoga-Arten kann immer nur grundlegende Informationen und damit grobe Orientierungspunkte bieten. Yogastile werden von jedem Lehrenden und in jedem Yogastudio (leicht) unterschiedlich umgesetzt. Du musst also selbst ausprobieren, was für dich das Richtige ist. Zudem können sich deine Bedürfnisse auch im Laufe der Zeit ändern. Viel Spaß bei deiner Erkundungstour!
1. Schweißtreibend im Fluss: Vinyasa Flow
Bei dieser Yoga-Art werden klassische Asanas zu immer wieder neuen, kreativen Bewegungsabfolgen verbunden, sodass sich ein anstrengender, fließender Übungsstil (Flow) entwickelt. Vinyasa Yoga wird mit einer intensiven Atemlenkung und meist mit Musik geübt. Ein wichtiges Ziel ist es, die eigene Kraft und Lebendigkeit zu erfahren.
Vinyasa Flow ist bereichernd für alle, die ein intensives, schweißtreibendes Üben suchen – besonders Kopfmenschen können hier gut abschalten. Hier kannst du in unseren Vinyasa-Flow-Videos stöbern!
Es gibt viele Yogastunden, die als „Vinyasa Flow” gekennzeichnet sind. Aber auch die folgenden drei Yogastile gehören zu Vinyasa Flow: Ashtanga Yoga, Power Yoga und Jivamukti Yoga. Sie weisen allerdings ein paar Besonderheiten auf, auf die wir im Folgenden eingehen.
2. Kraftvoll und fordernd: Ashtanga Yoga
Ashtanga Yoga ist eine sehr kraftvolle, dynamische Yoga-Art. Hier kommst du richtig ins Schwitzen! Das Übungssystem in der heutigen Form wurde entwickelt vom indischen Yogalehrer Sri K. Patthabi Jois. Im Ashtanga Yoga werden die Asanas in einer festgelegten Reihenfolge geübt. Dabei gibt es klare Regeln, welche Bewegungen mit einer Ein- oder Ausatmung ausgeführt werden bzw. wie viele Atemzüge du in einer bestimmten Haltungen verweilst. Durch die Verbindung von Bewegungen und Atmung bekommt das Üben einen sehr meditativen Akzent. Die Reihenfolge ist so aufeinander abgestimmt, dass nacheinander alle Körperteile gestärkt und gedehnt werden.
Sportlich ambitionierte Menschen mit guter Kondition, die eine klar strukturierte Praxis suchen, finden oft im Ashtanga ihr Yoga-Glück. Durch die klare Reihenfolge ermöglicht diese Yoga-Art auch schnell das selbstständige Üben Zuhause. Sieh dir unsere Ashtanga-Videos an!
3. Power Yoga
Im Power Yoga übst du im Vinyasa-Flow-Stil die Asanas, die im Ashtanga Yoga gebräuchlich sind – allerdings nicht in einer festgelegten Reihenfolge, sondern je nach Fokus und Anlass frei zusammengestellt. Dieser Yogastil wurde primär von dem US-amerikanischen Yogalehrern Bryan Kest geprägt. Spiritualität wird hier klein geschrieben: Die meisten Power-Yoga-Klassen verzichten auf Meditation, Atemübungen, Mantren und Co. Wahrscheinlich war das der Grund, dass sich diese Yoga-Art in den 90er Jahren rasend in den Fitnessstudios der westlichen Welt verbreitete.
Wenn du ein kraftvolles Workout ohne spirituelle Elemente suchst, das deine Muskeln aufbaut und dich durch den Fokus auf den Atem und die herausfordernden Abfolgen vom Kopf in den Körper bringt, bist du hier richtig.
4. Spirituelle Flows und Ahimsa im Vordergrund: Jivamukti Yoga
Jivamukti Yoga ist ein dynamischer, schweißtreibender Stil, der 1984 in den USA von Sharon Gannon und David Life entwickelt wurde. Die Übungen werden fließend geübt und von Musik begleitet. Typisch ist, dass die Lehrenden die Schüler:innen mit Körpereinsatz korrigieren. Nichts für Kontaktscheue, aber stark im Trend. Darüber hinaus rezitieren die Yogalehrenden aus altindischen Schriften, sprechen über Philosophien oder Lebensweisheiten. Mantren und Meditation gehören zur Übungspraxis dazu, außerdem wird Wert auf einen gewaltfreien und veganen Lebensstil gelegt.
Interessant für Menschen, die neben einer intensiven, fließenden Yoga-Praxis mehr über die Yoga-Philosophie lernen möchten und eine Yoga-Gemeinschaft suchen. Sieh dir unsere Jivamukti-Videos an!
„Jivamukti Yoga®” ist eine eingetragene Marke in den USA, der EU, Australien, Japan, Russland und anderen Ländern.
5. Der Klassiker: Hatha Yoga
Neben den bisher beschriebenen Vinyasa Flow-Stilen sind im Westen vor allem Hatha-Yoga-Arten sehr beliebt. Aus den Lehren des Hatha Yoga haben sich alle nachfolgend beschriebenen Stile, Traditionen und Schulen entwickelt. So gedeihen unter seinem Dach sanfte und kraftvolle Techniken, einfache Körper-Wahrnehmungsübungen und hochkomplexe Körperhaltungen, Atemübungen oder Meditationen. Kennzeichnend ist, dass hier im Gegensatz zum Vinyasa Flow meist die Körperhaltungen einzeln eingenommen und oft auch länger gehalten werden – auch wenn etwa der Sonnengruß auch hier fließend ausgeführt wird. Außerdem gehören zu einer Hatha-Yoga-Klasse Atemübungen (Pranayama), mentale Entspannungstechniken und Meditation. Alle Techniken des Hatha Yoga setzen am Körper an und führen weiter über den Atem zum Geist.
Wenn dir Vinyasa Flow zu schnell oder anstrengend ist und du gerne achtsamer und bewusster in Haltungen gehen und verweilen möchtest, wirst du dich in Hatha-Yoga-Klassen und bei Hatha-Yoga-Arten wie Anusata Yoga, Sivananda Yoga und Iyengar Yoga (s.u.) wohl fühlen. Hier geht's zu unseren Hatha-Yoga-Videos!
6. Freude am Üben: Anusara Yoga
Anusara Yoga ist eine kraftvolle Hatha-Variante, die 1997 von dem US-Amerikaner John Friend entwickelt wurde. Sie stützt sich – basierend auf dem Tantra-Konzept – auf eine lebensbejahende Philosophie, die das Gute in allen Menschen und Dingen sieht. Bei der Ausführung der Asanas steht zum einen die exakte Ausrichtung im Mittelpunkt – John Friend arbeitet viel mit modernen bio-mechanischen Prinzipien. Zum anderen liegt der Fokus auf der Herzöffnung.
Anusara Yoga ist ideal für gesunde, bewegungsgeübte Anfänger:innen und Fortgeschrittene. Sieh dir unsere Anusara-Yoga-Videos und den Anfänger:innen-Kurs an!
7. Tradition und Philosophie: Sivananda Yoga
Der Fokus dieses Yogastils ist eher meditativ und spirituell. Im Mittelpunkt der Übungspraxis des Sivananda Yoga stehen die zwölf Asanas der Rishikesh-Reihe, die immer in der gleichen Reihenfolge ausgeführt werden. Die Asanas dieser Reihe sind teilweise sehr anspruchsvoll. Durch die Konzentration auf die Atmung und die Energiezentren kommen die Gedanken zur Ruhe. Mantras und Gebete sind fester Bestandteil der Praxis.
Wer nach einer klar strukturierten Yoga-Praxis üben möchte und bereit ist, sich auch auf weltanschauliche Aspekte des Yoga einzulassen, kann im Sivananda seinen Platz finden. Hier findest du unsere Sivananda-Yoga-Videos!
8. Präzision und klare Ansagen: Iyengar Yoga
Bei einer Iyengar Yogastunde erwartet dich kraftvolles Üben, das sich durch äußerst genaue Ansagen auszeichnet und so einen hohen Grad an Präzision ermöglicht. Es wird teilweise mit Hilfsmitteln (Props) wie Holzblöcken, Decken und Gurten gearbeitet, um die Ausführung komplexer Asanas auch für Anfänger:innen und Menschen mit körperlichen Einschränkungen zu ermöglichen. Da die exakte Ausführung der Übungen im Vordergrund steht, sind spirituelle Ansätze eher indirekt während der Praxis zu finden und spielen bei den meisten Lehrenden eine untergeordnete Rolle.
Iyengar Yoga ist für alle optimal, die sich auf die exakte körperliche Arbeit konzentrieren wollen und sich auch entspannen können, wenn man ihnen sagt, wo es langgeht. Hier ein Überblick über unsere Iyengar-Videos.
9. Spiritualität und Energie: Kundalini Yoga
Kundalini Yoga unterscheidet sich deutlich von den bisher vorgestellten Vinyasa-Flow und Hatha-Yoga-Arten. Statt Asanas werden hier Kriyas geübt – festgelegte Abfolgen von energetisch wirksamen, dynamischen Bewegungen, die oft minutenlang wiederholt werden. Zudem werden viele Mantren gesungen, in der Sprache Gurmukhi. Die Lehrenden tragen oft weiße Turbane und sind weiß gekleidet und leben in der Tradition der Sikh. Yogi Bhajan machte Kundalini Yoga Ende der 60er-Jahre in den USA bekannt. Dieser Übungsweg zieht die Spiritualität und die Hingabe an den Guru ganz offen und bewusst mit ein.
Du liebst einen kraftvollen und fordernden Übungsstil, suchst Spiritualität und singst sehr gern? Dann probier unsere Kundalini-Videos aus!
Hier erklärt dir André Sat Ravi Singh Danke, worum es beim Kundalini-Yoga geht:
[[yogavideo https://www.yogaeasy.de/videos/andre-sat-ravi-singh-danke-ueber-kundlini-yoga-kundalini]]
10. Beruhigende Praxis: Yin Yoga (Regenerative/Restorative Yoga)
Beim Yin Yoga kannst du so richtig entspannen. Die (teilweise speziellen Yin-) Asanas werden hier sehr lange gehalten, meistens zwei bis drei Minuten. So kann sich dein Körper ganz in die Haltungen hinein entspannen, du kannst loslassen und so tiefe Entspannung erfahren. Yin Yoga dehnt besonders deine Faszien bzw. dein Bindegewebe. Ins Schwitzen kommst du bei diesem ruhigen Yogastil nicht. Klassisches Yin Yoga erfordert aber eine Grundaktivierung der beteiligten Muskeln (zum Schutz der Gelenke) und kann dadurch und durch die andauernde Dehnung durchaus herausfordernd sein.
Bei der verwandten Yoga-Art, dem Regenerative oder auch Restorative Yoga, polsterst du deinen Körper mit Hilfsmitteln (Props) in den Asanas so gut ab, dass du komplett entspannen kannst und nur eine angenehme Öffnung (also keine intensive Dehnung) erfährst. Dieser Stil ist optimal, um bei Erschöpfung und Burn-out oder bei/nach Krankheit wieder zu Kräften zu kommen.
Besonders für sehr aktive Typen, denen es schwerfällt, sich zu entspannen, kann dieser meditative Stil perfekt sein – auch wenn es zunächst herausfordernd ist. Hier findest du unsere Yin-Yoga-Videos.
In diesem Video erklärt die Yin-Yogalehrerin Wanda Badwal alles Wichtige über diese Form des Yoga:
[[yogavideo https://www.yogaeasy.de/videos/kurzinterview-wanda-badwal-ueber-yin-yoga]]
11. Bikram Yoga (Hot Yoga)
Bikram Yoga wurde von Bikram Choudhury in den frühen 1970er Jahren entwickelt. Dieser Yogastil geübt wird bei einer Raumtemperatur von 40°C mit hoher Luftfeuchtigkeit. Daher ist Bikram Yoga auch als Hot Yoga bekannt. Bikram Yoga ist zudem eingeschützter Begriff und darf nur genutzt werden, wenn die Studio-Besitzer eine Gebühr an Bikram Choudhury zahlen. Die Übungspraxis besteht besteht aus einer festen Abfolge von 26 Haltungen und zwei Atemübungen, die in jeder Yogastunde genau gleich ausgeführt werden. Diese Eigenschaften machen Bikram Yoga zu einer herausfordernden und einzigartigen Form des Yoga, die sowohl Flexibilität als auch Ausdauer betont. Der militärische Ansage-Stil der Lehrenden und die Hitze im Yoga-Raum sind allerdings Geschmackssache.
12. Tantra Yoga
Tantra Yoga entstand aus der tantrischen Tradition, die ihre Wurzeln in Indien um das 5. Jahrhundert nach Christus hat. Es unterscheidet sich von anderen Yogastilen durch seine umfassende Sichtweise auf das Leben und die spirituelle Praxis. Tantra Yoga betont nicht nur körperliche Übungen, sondern integriert auch Rituale, Meditation, Energiearbeit und die Philosophie, dass das Göttliche in allem präsent ist. Besonderer Fokus liegt auf der Erweckung und dem Fluss der Kundalini-Energie.
Im Gegensatz zu anderen Yogastilen, die sich auf körperliche Disziplin und Asanas (Körperhaltungen) konzentrieren, betrachtet Tantra Yoga den Körper als ein Instrument für spirituelles Wachstum und Erleuchtung.