Frau tanzt mit einem Schleier
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Unser Ursprung: Die Legende von Purusha & Prakriti

Von Birgit Feliz Carrasco

Wir leben in einer Zeit, die Aktivität und Produktivität feiert. Kein Wunder, dass sich die meisten von uns regelmäßig mitreißen lassen vom Strom des niemals pausierenden Tuns, Erlebens, Interagierens. Und nicht selten verlieren wir uns darin, fühlen uns erschöpft und ausgelaugt, sehnen uns nach Ruhe – und fragen uns, was eigentlich der Sinn dieser hektischen Aktivität sein soll.

Zum Glück gibt es Yoga. Denn mit Yoga und Meditation kannst du dich Stück für Stück aus dem Wirrwarr des Alltags befreien, erkennen, was wirklich wichtig ist – und den Weg zurück zu deinem Ursprung finden, zur Einheit mit allem, was ist.

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Die Legende von Purusha und Prakriti

Genau darum geht es in der Legende, die von König Purusha und der Tänzerin Prakriti handelt: König Purusha sitzt auf seinem Thron, unbeweglich, in sich ruhend, zufrieden und ohne Wahrnehmung, er ist ohne Verlangen und ohne Sorge. Er ist. Doch eines Tages erwacht ein bisher schlummernder Anteil von ihm – neugierig, mit der Sehnsucht nach Aktivität, nach Fortbewegung, Entwicklung. Dieser Teil löst sich von Purusha ab, um die Welt zu entdecken. 

Der erwachende Teil ist Prakriti, die sich ihrer selbst bewusst wird – dabei aber auch weiß, dass Purusha ihr Herkunftsort, ihre Quelle ist, dass sie ein Teil von ihm ist. Dennoch nimmt Prakriti sofort Unterschiede zwischen sich und dem in sich ruhenden König wahr. Deswegen möchte sie sich mit ihm austauschen und versucht, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie beginnt sich kreisend um den König Purusha zu drehen – tanzende Leichtigkeit in entdeckender Bewegung, wie ein Flow. Prakritis Tanz wird mit jeder Bewegung selbstbewusster, dynamischer, auffälliger, doch der in sich ruhende König Purusha reagiert nicht auf ihre Bemühungen, weil es sein Wesen ist, zufrieden in sich zu ruhen und keinen Mangel zu verspüren.

Mit jeder tanzenden Umdrehung um den König entwickelt Prakriti neue, bisher nicht vorhandene Eigenschaften: Denkvermögen, Erkenntnisfähigkeit, Handlungsfähigkeit. Die Tänzerin dreht sich immer weiter in einer immer größeren Spirale um den Thron des Königs und entfernt sich dabei von Purusha. Sie tanzt sich immer mehr in Ekstase und entwickelt dabei die fünf Elemente, aus denen das grobstoffliche Leben geformt ist: Erde, Wasser, Luft, Äther und Feuer. Prakriti umrundet Purusha weiter und entwickelt physische Sinnesorgane und die damit einhergehenden fünf Sinneswahrnehmungen Tasten, Riechen, Schmecken, Hören und Sehen.

Prakriti dreht sich immer weiter, Tanz und Bewegung sind auf der Entdeckungsreise ihr Sein und ihre Lebensinhalte. Eines Tages jedoch hält die Tänzerin plötzlich inne. Sie dreht sich nun nicht mehr um sich selbst, stattdessen blickt sie sich um und schaut auf einen Nebel aus Verhüllungen. Prakriti hat so lange getanzt, sich so oft gedreht, sich so überschwänglich bewegt, sich in ihrem Tanz so sehr selbst gefallen, so viele neue Eigenschaften entwickelt, dass sie dabei vergessen hat, warum sie eigentlich tanzt und wo sie ihren ursprünglichen Tanz begonnen hat. König Purusha ist ihrem Gedächtnis entfallen und hinter den zahlreichen Verhüllungen nicht mehr erkennbar für sie.

Der göttliche Funke, der Wesenskern ihres Seins ist im Nebel des bewegten Lebens vollends verschleiert. Prakriti erkennt: Sie ist an einem Punkt angekommen, an dem sie ohne Kenntnis ihres Ursprungs nicht mehr weiter kann und nicht mehr weiter will. Und so beginnt die Suche nach ihrem Ursprung...


Diese Meditation zum Erkennen des Ursprungs von Victoria Ecker schult deinen inneren Fokus und hilft dir den Blick auf das Wesentliche zu lenken: 


Die Samkya-Philosophie: Purusha und Prakriti sind eins

Purusha und Prakriti sind Elemente der indischen Samkhya-Philosophie (manchmal auch Sanhkya genannt oder mit "Sh" geschrieben), die in der Zeit von 400 vor bis 700 nach Christus entstand. Purusha repräsentiert dabei das reine Bewusstsein. Er ist der Ursprung, die Urquelle, die göttliche Schöpfung, oder auch: der pure Wesenskern, die Seele, das höhere Selbst einer Person. Prakriti steht für die Urmaterie, für die kosmische Substanz, das Erlebbare. Beide zusammen verkörpern das göttliche Grundprinzip, das aus zwei Energien besteht. Diese zwei Energien sind eins, weil eine aus der anderen entstanden ist, unterscheiden sich aber auch fundamental und bilden unterschiedliche Aspekte des Seins ab.

Die Legende von Purusha und Prakriti erzählt also nicht nur davon, wie viel Freude es macht, zu tun, zu kreieren, sich zu spüren – sondern auch, wie leicht es ist, sich im Rausch der Aktivität zu verlieren. Und wie wichtig es ist, regelmäßig aus dem hektischen Strudel aufzutauchen und zum reinen, bewussten Sein zurückzukehren. Weil es uns unglücklich macht, wenn wir uns von unserem ursprünglichen Wesenskern weit entfernt haben, wenn wir den Sinn aus den Augen verlieren, wenn wir zu selten einfach nur sind.

Die Lösung für dieses Unglück ist, dass wir uns wieder unseren Ursprung annähern. Tatsächlich hat sich die Samkhya-Philosophie zu diesem Zweck schon früh mit dem Yoga „verbündet”: Samkhya ist die Theorie und Yoga die Praxis dazu, die Methodik, die dir hilft, wieder zu deinem Ursprung zurückzukehren. 


Lesetipp: Du willst wieder lernen, Wichtiges von Unwichtigem, Echtes von Unechtem zu unterscheiden? Dann lies unseren Artikel zur Unterscheidungskraft Viveka!


Yoga führt dich zum Ursprung

Bist du auch gerade an dem Punkt, an dem du erkennst, wie vernebelt du bist? Und dich fragst, was du tun kannst, damit du dich wieder der Kraft, der Ruhe und der sorgenlosen Weisheit der Urquelle annähern und mit dieser Quellkraft leben kannst?

Auf direktem Weg zurück zum Thron, das geht nicht, weil keiner mehr weiß, wo der Thron steht. Sehr wohl aber kannst du die kreisenden Runden zurück tanzen. Du kannst jeden Tanzschritt nochmal tanzen, kannst deine Sinnesorgane dafür nutzen, Verhüllungen zu durchdringen, Illusionen zu läutern, hast die Möglichkeit deine Erkenntnisfähigkeit zu nutzen, um dein Bewusstsein zu weiten. Und das – exakt das – ist der Weg des Yoga mit all seinen Angeboten von Asana- und Pranayama-Praxis, Meditationsformen und spiritueller Weisheit.

Wenn du dich also mal wieder wunderst, worum es eigentlich geht in diesem Leben, wer du wirklich bist, wenn du dich von allem getrennt fühlst, kraft- und freudlos – dann ist es Zeit für Yoga. Denn dann hast du vor lauter Tun im Alltag den Ursprung des Seins vergessen. Hast dich in Verhüllungen und Illusionen verstrickt. Hast dich im Kreis gedreht und dich selbst verwirrt mit all den irdischen Freuden und dabei vergessen dabei, um was es eigentlich geht. Dann heißt es: Zeit zur Besinnung. Zeit zur Einkehr (vielleicht sogar Umkehr). Zeit den Ursinn und Ursprung wieder zu finden. Zeit für Verbindung. 


Dance in Love and Light,
Birgit Feliz Carrasco

Birgit Feliz Carrasco
Birgit Feliz Carrasco

Birgit Feliz Carrasco ist Heilpraktikerin, Seelen-Coach und Yogatherapeutin sowie renommierte Buchautorin und Bloggerin. Sie hält regelmäßig Seminare für spirituelle Bewusstheitsentwicklung, bei denen Interessierte und Yogalehrende, die sich fortbilden wollen gleichermaßen willkommen sind. Informationen zu ihrer beratenden Tätigkeit, Hellfühligkeit und Channeling findest du unter birgitfelizcarrasco.com.