Shat Karma Kriyas – 6 yogische Detox-Methoden

Von Katharina Goßmann und Rebecca Randak

Die alten Yogis nahmen das Thema „Reinheit” sehr ernst. Ziel der yogischen Reinigungstechniken war es nicht etwa, überflüssige Pfunde zu verlieren. Vielmehr ging es um Saucha, die Reinheit auf allen Ebenen. Als Folge dieser innerlichen und körperlichen Reinheit sollte auch Avidya, das Gift der „Unwissenheit“, ausgeleitet werden. Unwissenheit darüber, dass alles eins ist. Dass Gott in allen Wesen steckt. Über das, was hinter der Brille liegt, die uns die wahre Identität allen Seins verschleiert.

In der Hatha Yoga Pradipika beschrieb Yogi Svatmarama schon vor einigen hundert Jahren sechs zentrale Techniken, die nicht nur Schleim und Trägheit aus dem Körper entfernen, sondern auch den Weg zur Erleuchtung erleichtern. Ob du die sechs Übungen als Erleuchtungsbeschleuniger oder ganz schlicht als Entgiftungsmaßnahme gegen Erkältung und Müdigkeit nutzt, bleibt dabei dir überlassen. Laut der yogischen Schriften eignen sie sich für beides.


Achtung: Falls du gerade verwirrt bist und dich fragst, ob die Shat Karma Kriyas etwas mit Kriya Yoga (vor allem bekannt im Zusammenhang mit Paramahansa Yogananda bekannt) zu tun haben – haben sie nicht. Genauso wenig sind damit die Übungsreihen aus dem Kundalini Yoga gemeint, die ebenfalls Kriyas genannt werden. Ziel ist allerdings sowohl beim Kriya Yoga als auch bei den Kriyas im Kundalini Yoga die Klärung von Körper und Geist.


1. Extra-Weiß-Formel: Dhauti

Dhauti heißt wörtlich „waschen“ und bezieht sich auf die Reinigung des oberen Verdaungskanals. Traditionell erreichen Yogi:nis das durch das stückweise Schlucken von Mullbinden mit anschließendem Herausziehen oder absichtlichem Erbrechen... Glücklicherweise zählen Dinge wie Zähneputzen, Zungeschaben oder Ölziehen auch als „Dhauti“.

So praktizierst du „Dhauti light”

Nimm im Anschluss an deine morgendliche Zahnhygiene einen ordentlichen Schluck rohes Kokos- oder Sesamöl in den Mund und „ziehe“ es durch die Zahnzwischenräume. Im Idealfall 20 Minuten lang. Kürzer ist auch erlaubt. Anfangs kann das einen Würgreflex auslösen – du gewöhnst dich aber daran, versprochen. Falls du das Ölziehen besonders unangenehm findest, probier eine der (deutlich teureren, dafür aber leckeren) Mundziehöl-Mischungen aus, die es mittlerweile im Ayurveda-Fachhandel und sogar in vielen Drogerien gibt. Hilft gegen Mundgeruch und Zungenbelag (gerne auch noch mal mit dem Zungenschaber drüber!), soll zudem Karies und Zahnfleischbluten vorbeugen – und macht vielleicht sogar deine Zähne weißer (falls das dein Ziel ist, eignet sich Kokosöl am besten).


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2. Darm mit Charme: Basti

Bei „Basti“ geht es um den Darm und seine Reinigung. Konkret: Den Einlauf. Besonders zu Beginn einer Detox-Kur ist ein Einlauf sinnvoll, da der Darm – einmal entleert – nichts mehr zu tun hat und sich dadurch Hungergefühle reduzieren. Fastenprofis lassen den Fachmensch ran und buchen einen Termin für einen Hydro Colon. Traditionell erledigten die Yogis den Einlauf übrigens mit Hilfe eines kleinen Röhrchens im Allerwertesten und Atemübungen mit Pump-Effekt im heiligen Fluß Ganges.

Einlauf für Zuhause

Kauf dir einen Irrigator in der Apotheke und befolge die Gebrauchsanweisung Schritt für Schritt. Du solltest direkt im Anschluss keine Termine haben und dir Ruhe gönnen.

3. Innerer Schleuderwaschgang: Nauli

Nauli Technik Animation

Der Sanskrit-Begriff „Nauli” bedeutet wörtlich übersetzt „wirbeln“. Dabei machst du rhythmische, kreisförmige Bewegungen mit der Bauchmuskulatur, die an eine Waschmaschine erinnern. Es fühlt sich tatsächlich an, als würdest du deine Bauchorgane in den Schleudergang schicken. „Nauli“ erzeugt viel Hitze und regt das Verdauungsfeuer an. Sei nicht traurig, wenn es nicht gleich so gut klappt wie bei Yogi Nora in diesem YouTube-Video. Dem Effekt tut das keinen Abbruch.

So geht Nauli

Achtung: Nauli ist eine komplexe Technik für Yogi:nis, die ihre Bauchmuskulatur sehr gut kontrollieren können. Erst wenn du die Vorübung Agni Sara gut beherrscht, solltest du dich an Nauli wagen!

  1. Stelle dich mit leicht gegrätschten Beinen hin.
  2. Atme tief durch die Nase ein und beuge dich dann, während du leicht in die Knie gehst, ausatmend mit geradem Oberkörper nach vorne und setze die Hände auf den Oberschenkeln ab.
  3. Sauge jetzt – ohne weiterzuatmen! – die seitliche Bauchmuskulatur nach hinten in den Bauchraum, während du den großen mittleren Bauchmuskel mittig zusammenziehst. 
  4. Versuche nun, den aktivierten mittleren Bauchmuskel erst mal von rechts nach links und wieder zurück zu schieben. Mit mehr Übung kannst du den Bauchmuskeln von rechts nach vorne über links und nach hinten kreisen lassen.
  5. Wenn der Impuls zum Einatmen kommt, atme ein und richte dich dabei auf.

Diesen Ablauf kannst du mehrmals wiederholen – je nach Kraft und Wohlbefinden – und dabei auch die Richtung des Bauchkreisens variieren.

4. Das Gieskannen-Prinzip: Neti

Neti Frau mit Nasendusche

Gerade in der Erkältungszeit ist „Neti“ Gold wert, denn die Nasenspülung sorgt für eine freie Nase. Mein Favorit ist „Jala Neti“. Das ist das Spülen der Nase mit Salzwasser, auch als Nasendusche bekannt. Etwas fortgeschrittener ist „Sutra Neti“. Bei dieser Kriya fädelst du einen dünnen Schlauch in die Nase ein und ziehst ihn durch den Mund wieder heraus. Hat einen tollen Vorführ-Effekt, aber lieber nicht ohne Anleitung ausprobieren.

Die tägliche Nasenspülung

Besorg dir ein Neti-Kännchen oder eine andere Nasendusche, gib einen gestrichenen Espressolöffel Salz hinein und mische es mit warmem Wasser. Kipp deinen Kopf nach links, während du dich über ein Waschbecken beugst, öffne deinen Mund und schütte das Wasser ins rechte Nasenloch. Lass das Wasser (und alles, was aus deinen Nasengängen mit hinaus will) aus dem linken Nasenloch hinauslaufen. Schnaube bitte noch kräftig aus, dadurch wird das Wasser nämlich eher in die feinen Kanäle gedrückt. Im Anschluss kannst du das Prozess mit dem anderen Nasenloch wiederholen. 

5. Romantisches Kerzenritual: Trataka

Frau im Sukasana Schneidersitz

„Trataka“ ist wie gemacht für den Winter, denn du brauchst dafür Dunkelheit und eine Kerze. Indem man lange in das Licht der Kerze kuckt, sollen nicht nur die Tränenkanäle gereinigt, sondern auch die Fähigkeit, das Licht in allen Wesen zu sehen, gestärkt werden. Am schönsten ist „Trataka“ in einer Gruppe. Also, lade deine Yoga-Freund:innen zum gemeinsamen Fastentrunk mit Kerzenzeremonie ein.

So übst du Trataka

Zünde eine Kerze an und setze dich in aufrechter, entspannter Haltung etwa einen Meter davor hin. Schau mit geöffneten Augen – ohne zu blinzeln! – solange in die Flamme der Kerze bis deine Augen zu tränen beginnen. Lass die Tränen laufen bis du es nicht mehr aushältst. Erst dann schließe die Augen und konzentriere dich auf das Abbild der Flamme, das nun vor deinem inneren Auge erscheint.

6. Wachmacher-Wunder: Kapalabhati

Zum Schluss gibt es noch eine Detox-Kriya, die allgemein als Atemübung bekannt ist: „Kapalabhati“. Wörtlich übersetzt heißt das soviel wie „den Schädel zum Leuchten bringen“. Das Beste: „Kapalabhati“ macht knallwach, weswegen ich es morgens gerne vor dem Meditieren übe.

So übst du Kapalabhati

Setz dich aufrecht und bequem hin. Atme entspannt ein und beginne dann mit kurzen, kräftigen Ausatemstößen. Beim Ausatmen zieht sich die Bauchmuskulatur nach innen. Die Einatmung geschieht ganz von alleine. Übe am besten drei Runden. Beginne mit 20 Atemstößen und steigere gerne bis auf 100. Wenn du Kapalabhati als Kriya übst, hältst du den Atem zwischen den Runden nicht an.

Hier erklärt dir Anna Trökes noch mal, wie es geht: 

Anna Trökes: Kapalabhati Tutorial

Katharina Goßmann
Katharina Goßmann

Katharina ist Mutter, Yogalehrerin und Psychologin. Bei YogaEasy ist sie das Herz der Redaktion und schreibt über Yoga, wahres Glück und Heilung. Ihre Artikel werden unter anderem im „Yoga Journal” und in der „Happy Way” veröffentlicht.

Rebecca Randak
Rebecca Randak

Egal ob als Bloggerin und Gründerin von fuckluckygohappy.de oder in ihrem Yogaunterricht – Rebecca interpretiert die Weisheiten der Yoga-Philosophie gerne alltagstauglich. Umso mehr freut sie sich, dass es oft die Klassiker sind, die sich dafür so gut eignen. Rebecca lebt und unterrichtet Jivamukti Yoga in Berlin.