Yoga Vidya – wirklich gemeinnützig?

Von Kristin Rübesamen

Update September 2023: Neue Kritikpunkte an Sukadev Bretz und Yoga Vidya

Mittlerweile gibt es neue Kritikpunkte an Sukadev Bretz und dem Yoga Vidya e.V. In der Dokumentation „ARD Story: Cash & Karma” wird unter anderem angeprangert, dass Teilnehmer:innen von Yoga-Ausbildungen in Bad Meinberg bei der Renovierung alter, mit Asbest und anderen toxischen Stoffen belasteter Krankenhaus-Gebäude helfen mussten. Zudem wird belegt, dass zweifelhafte Figuren der extremistischen Szene ihre Seminare in Räumen von Yoga Vidya in Bad Meinberg abhalten durften.

Yoga Vidya widerspricht in diesem Statement und prangert an, dass vieles in der Dokumentation verzerrt dargestellt würde und ihnen nicht ausreichend die Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Tatsächlich hatten auch wir den Eindruck, dass die beteiligten Journalist:innen grundsätzliche Aspekte einer yogischen Gemeinschaft nicht adäquat verstanden haben sowie Aussagen ehemaliger Mitarbeiter:innen ungeprüft und einseitig dargestellt haben. 


„Dunkles Geschäft, Seelenfänger, Yogaboom...“, der Reporter des Handelsblatt lässt kein Klischee aus, um das brave Bad Meinberg als Tatort für einen neuen Yogaskandal auszustatten. Am Sonntag knöpfte er sich in einem kontroversen Artikel Volker alias Sukadev Bretz und seinen Yoga Vidya e.V., Europas größte Yogaschule in Bad Meinberg mit vielen Seminarhäusern, vor.

Seine These, dass Volker Bretz, mit seiner Seelenfängerei durch spirituelles Gehabe in die eigene Tasche wirtschaftet, kann er jedoch nicht beweisen. Das Geschäftsgebaren von Yoga Vidya, als gemeinnütziger Verein keine Steuer zahlen zu wollen, mag einen Missbrauch durch ein eigennütziges Interesse von Bretz nahelegen, aber bis dieser bewiesen ist, gilt in einem Rechtstaat wie unserem die Unschuldsvermutung. Tatsächlich ist die Gemeinnützigkeit von Vereinen wie Yoga Vidya fragwürdig, weil dem Bund dadurch Steuern entgehen, während der Bürgermeister sich über die Kurtaxe freut und sich den Verein weiterhin steuerfrei wünscht. Deshalb ist Bretz’ Ansinnen, die Wissenschaft des Yoga durch seine Vereinsarbeit zu verbreiten, aber nicht von vornherein diskreditiert. Es ist wie mit dem Weltfrieden. Obwohl in seinem Namen unzählige Verbrechen geschehen, wird er immer ein ehrenwertes Ziel bleiben.

Einiges, was der Reporter als Belege für seine These aufzählt, sind zwar keine Beweise, aber gefallen tut es uns auch nicht.

Warum bekommen die Mitarbeiter nur etwa 300 Euro Taschengeld im Monat bei freier Kost und Logis für 40 Stunden Arbeit in der Woche? Auch wenn für einige, die es auf dem normalen Arbeitsmarkt schwer haben, ein solches Leben in Gemeinschaft vermutlich attraktiv ist, muss die Frage erlaubt sein, ob hier die Fürsorge von Bretz oder sein heimliches Gewinnstreben die Oberhand haben? Er behauptet, laut Reporter, die Mitarbeiter stimmten selbst über ihren „Lohn“ ab. Das klingt tatsächlich suspekt und im Wissen um die spezielle Dynamik zwischen Guru und Jünger nach einem ungesunden Abhängigkeitsverhältnis.

Yogische Werte

Was uns allerdings auch gestört hat, ist die Selbstgerechtigkeit des Reporters, der sich über Menschen lustig macht, die auf der Suche nach einem Leben jenseits der im Handelsblatt vertretenen Inhalte sind. Dünkelhaft sucht er nach Indizien für eine Kultur, die weit unter seiner steht. Selbst die Reismilch, mit der die armen Teilnehmer, desavouiert durch ihre  „Trainingsanzüge aus Ballonseide“, die den Reporter ästhetisch herausfordern, eine „Schamanenaustreibung“ im „Keller“ (weiteres Indiz für das untere Ende des sozialen Spektrums) vornehmen, wird so zum Teufelsutensil und Beleg einer gefährlichen Sektenkultur. Als ob, würden wir hier gerne einwerfen und diese „Sekte“ in ihrem harmlosem kamillenteehaften Gelb in Schutz nehmen.

Wir haben Sukadev (alias Volker Bretz) und seine Frau vor einigen Jahren bei Dreharbeiten kennengelernt und in Bad Meinberg den Eindruck gewonnen, dass es ihnen und ihren Mitarbeitern wirklich um die Sache geht. Sie machten tatsächlich einen sehr bescheidenen, ernsthaften und zurückhaltenden Eindruck. Haben wir in der Scheune einen Jaguar gefunden und einen Heliport auf dem Dach? Nein! Finden wir trotzdem, dass YogaVidya als größte Wirtschaftsmacht im deutschen Yoga deutlich transparenter vorgehen sollten, und die oben angeführten Fragen offen diskutieren sollten? Ja, unbedingt.

Ist Yoga gemeinnützige Religion?

Vor allem die zentrale Frage, ob Yoga Vidya gemeinnützig ist? Wenn der Vereinszweck die Verbreitung der „Yoga-Religion“ ist, dann wäre jedes Yogastudio gemeinnützig (ähem und wir auch). Alle anderen zahlen aber genau wie wir brav Steuern. Richtig oder falsch? Jetzt seid, wie es im Morning Briefing des Handelsblatt immer so schön heißt, Ihr dran. Was meint Ihr?

Kristin Rübesamen
Kristin Rübesamen

Kristin Rübesamen ist zertifizierte Jivamukti- und Om-Yoga-Lehrerin. Sie hat über ein Jahrzehnt in New York und London gelebt und ihre Ausbildungen noch bei Sharon Gannon und David Life (Jivamukti) und Cyndi Lee (Om Yoga) persönlich gemacht. Als Yoga-Aktivistin, Chefredakteurin von YogaEasy und Yogalehrerin unterrichtet sie seit fast 20 Jahren einen sehr konzentrierten, gleichwohl herausfordernden Stil. Sie ist Autorin von „Alle sind erleuchtet” und „Das Yoga-ABC” .

Es gibt bisher keine Kommentare zu diesem Artikel.